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Ingo Nussbaumer: Die Befreiung der Farbe

Die Betrachtung von Ingo Nussbaumers Bildkörpern führt zu Begegnungen – sofern man die implizite Forderung zum wortlosen Diskurs mit dem bildlichen Gegenüber annimmt. Das Bild involviert in ein dialogisches, oder dialektisches Verhältnis, in welchem das Bild sein Selbstverständnis argumentiert. Die Argumente des Bildes gründen in ihm selbst, in dem von ihm offerierten Erfahrungsraum. Ingo Nussbaumer hat die historischen, modernen wie postmodernen Definitionen, was ein Bild sei, theoretisch durchgedacht, für sich abgearbeitet und künstlerisch durchpraktiziert. Er leugnet diesen Bildbegriff und dessen Realitäten nicht. Er unterläuft seine Determiniertheit, unterminiert und entlarvt seine Grenzen, dekonstruiert sie um die bildlichen Modalitäten zu erweitern. Nussbaumers Werk ist ein sich stets erneuernder Versuch, das Bild in einer „zeitgemäßen“ Präsenz zu stärken und als physische Entität zu proklamieren. Befreiung ist für Nussbaumer ein zentraler Terminus und Akt. Er löst das Bild von fremdbestimmten Konstruktionsschemata, eliminiert Ikonographie und darstellende Gegenständlichkeit, jede handschriftliche Geste oder künstlerische Signatur. Befreit vom expressiven Ausdruckswollen ist es der Farbe ermöglicht ihr Potential von innen zu entfalten. Ingo Nussbaumer geht nach einer präzisen Methodik vor. Die definitive Konzeption des Bildentwurfs wird im Intent als einem wechselseitigen reflexiven Verhältnis von Intellekt, Empfinden und malerischem Akt sukzessive geformt und konkretisiert. Nussbaumers „gegenständliche Intentionalität“ lenkt die Handlungsfähigkeit der Farbe, intensiviert sie in ihrer Gerichtetheit und subtilen Entfaltung. Ist für Nussbaumer Konzeption und Intent als Bildgefüge Eins geworden, ist der Bildkörper abgeschlossen. In Setzungen formiert sich eine bildimmanente Sinnstruktur: Anstelle von außerbildlichen Referenzen treten inhaltlose hervor, die zwischen Farbe und Fläche per se wirksam werden. Farbbahnen und –flächen, Licht- und Schattenphänomene werden dezentralisiert und als einzelne Elemente oder in Gruppen dynamisiert, zu Gefügen, die sich gegenseitig durchdringen. Räumlichkeit scheint sich zu entwickeln um gezielt verhindert zu werden, Staffelungen und Schichtungen streben eine Perspektive an, die sich in ihrer Umkehrung aufhebt und in die Fläche zurückbaut. Das Bild oszilliert zwischen diesen Kontrapositionen in einem Balanceakt. Farbe und Fläche werden zu agierenden Faktoren, Grenzen und Kanten intervenieren und geben dieser bildlichen Verhandlung eine ambivalente Richtung. Sukzession und Simultanität sind nicht mehr unterscheidbar. Trennende Fugen im Bild, Schatten, Komplementärkontrast und Reflexion an den Wänden treten hinzu, unterstützen den Bildkörper als solchen und sind zusätzliche offene Verweisstrukturen. Das Außen und das Innen des Bildes sind auf dieser Verweisebene verschränkt, Anspielungen werden mit einbezogen, die Realitätscharakter haben. Ingo Nussbaumer setzt Bildaktivitäten frei, die über das Format hinausreichen. Das dialektische Pendeln zwischen Realität und Imagination dehnt sich räumlich aus. Anstelle von Aktualität tritt Potentialität. Der Bildkörper befindet sich in einem Kippmoment, als Zustand, der sich einer Festlegung entzieht. In der fast beiläufigen Leichtigkeit der sich selbst unterlaufenden schillernden Realitätsschichtungen liegt eine subtile Ambivalenz, in deren schwebendem Paradox eine eigentümliche Sinnlichkeit schwingt. Die Konsequenz ist ein Möglichkeitsraum, verführerisch, irritierend und faszinierend.
Mehr Texte von Margareta Sandhofer

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Ingo Nussbaumer
26.04 - 15.06.2013

Galerie Hubert Winter
1070 Wien, Breite Gasse 17
Tel: +43 1 524 09 76, Fax: +43 1 524 09 76 9
Email: office@galeriewinter.at
http://www.galeriewinter.at
Öffnungszeiten: Di-Fr: 11-18h
Sa 11-14h


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