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95. Auktion - Meisterwerke: Geglückter Vergleich und Expertenstreit zum Jubiläum

Das Auktionshaus im Kinsky feiert dieses Jahr sein zwanzigstes Jubiläum. Als am 3. Dezember 1993 zur ersten Auktion in den vormaligen Sitz im Kärntnerringhof geladen wurde, begann eine Erfolgsgeschichte die im Prinzip bis zum heutigen Tag angehalten hat. Die Kombination aus drei Kunsthändlern, einem Rechtsanwalt und dem ehemaligen Leiter der Kunstabteilung des Dorotheum , brachte frischen Wind in die damals eingefahrenen Bahnen des heimischen Kunstbetriebes. Bewusste Konzentration auf nur wenige Sparten, Service, fundierte Recherchen zu einzelnen Objekten und aufwendig gestaltete Kataloge waren das Motto. Heute befasst man sich darüber hinaus auch mit der wissenschaftlichen Aufarbeitung österreichischer Künstlerœuvres, weshalb 2010 die im Kinsky editionen gegründet wurden. So kooperiert man u.a. auch eng mit den Museen, wobei derzeit das Belvedere bei der Erstellung der Werkverzeichnisse von Carl Moll und Emil Jakob Schindler unterstützt wird. Auch das 1999 vom Auktionshaus bezogene damals neu renovierte Palais Daun – Kinsky hat ein denkwürdiges Jubiläum. Genau vor dreihundert Jahren begann Wirich Philipp Lorenz Graf Daun, Fürst von Thiano mit dem Bau seines neuen Stadtpalais, wobei kein geringerer als der damals auf dem Höhepunkt seines Schaffens stehende Johann Lucas von Hildebrandt als Architekt fungierte. Heute finden sowohl die Versteigerungen als auch Vorträge und Buchpräsentationen im ersten Stock dieses für Wien so bedeutenden Barockjuwels statt. Um diesen beiden Events also gebührend Rechnung zu tragen, veranstaltet das im Kinsky am 23. April seine „Meisterwerke“ - Auktion wobei eine Anzahl von 110 Werken in den Sparten 19. Jahrhundert, Klassische Moderne und Zeitgenössische Kunst zum Aufruf kommen wird. Klein (an Zahl) aber fein steht im Vordergrund was die Auswahl der Objekte betrifft. Das wiederum schlägt sich wie selbstverständlich in der Preisgestaltung nieder. Unter 10.000 Euro ist nichts zu wollen, Preise nach oben hin bis in einige 100.000 Euro-Gefilde. Mit wenigen Ausnahmen sind vor allem österreichische KünstlerInnen im Angebot. So findet man die allen bekannten Namen wie etwa Rudolf von Alt, Friedrich Gauermann, Ferdinand Georg Waldmüller, Olga Wisinger – Florian, Egon Schiele, Theodor von Hörmann, Alfons Walde, Oskar Kokoschka, Hans Staudacher, Max Oppenheimer, Max Weiler oder Franz West. Einige Objekte lassen jedoch – unabhängig von Preis und Qualität – besonders aufhorchen, sei es nun was Provenienz, Zuschreibung oder Neuentdeckungen betrifft. So etwa Emil Jacob Schindler mit dem großformatigen signierten und mit 1891 datierten Ölgemälde „Scirocco im Anzug“. Das brillant gemalte Bild zeigt die dalmatinische Küstenlandschaft bei Ragusa und steht zeitlich als letztes in einer Reihe von Arbeiten, die das tosende Meerthema variieren. 1939 wurde es dem damaligen Besitzer, dem Kunstsammler Dr. Josef Blauhorn nach seiner Flucht aus Österreich enteignet – ein leider sehr gängiges Verfahren jener Zeit. Nach dem Kriegsende gelangte es dann auf ungeklärte Weise in den Wiener Kunsthandel, wo es vom derzeitigen Besitzer in Unkenntnis der Vorgeschichte um 1970 erworben wurde. Im Zuge der jetzigen Versteigerung förderte die vom im Kinsky durchgeführte Provenienzforschung den genannten Sachverhalt zu tage worauf der jetzige Besitzer sich mit den Erben nach Dr. Blauhorn in Verbindung setzte. Zwischen den beiden Parteien wurde mit Hilfe des Auktionshauses letztendlich eine recht ungewöhnliche Form der Naturalrestitution vereinbart. Im Kinsky übernahm die Garantie für ein bestimmtes Mindestergebnis das der Eigentümer den Erben überlässt. So kann man nur hoffen, dass der Schätzpreis von 50.000 – 100.000 Euro weit überboten wird, damit alle drei Parteien guten Gewinn haben und so diese Art der Privatinitiative auch hoffentlich weiter Schule macht. „Das Bildnis eines alten Mannes mit Efeukranz“ (70.000 – 140.000 Euro) attestiert die Fachwelt unisono ist von keinem geringeren als Klimt gemalt worden - allerdings von welchem der beiden Klimt-Brüder, darüber wird heftig gestritten. In den Werkverzeichnissen von Johannes Dobai und Tobias Natter ist Gustav Klimt der Urheber, 2010 war auch noch der Vizedirektor des Belvedere Alfred Weidinger dieser Ansicht und schrieb das Gemälde eindeutig Gustav Klimt zu. Heute allerdings sieht die Sachlage für ihn völlig anders aus. Klimt ja aber Ernst, nicht Gustav. Wie ernst ihm dieses Faktum ist will er zusätzlich mit Hilfe einer Bildbeschriftung bei der Schaustellung im Auktionshaus dokumentiert wissen. Das kleinformatige Bildnis ist seiner Meinung nach nun eine Vorstudie zu Ernst Klimts „Pan tröstet Psyche“, ein verschollen gewesenes Gemälde, das erstmals 2010 im Zuge einer Ausstellung im Belvedere zu sehen war. Zwei weitere Experten, schnell vom Auktionshaus beauftragt schreiben aber ebenfalls den alten Mann dem berühmteren Bruder Gustav zu. Die Einlieferer hingegen dürften sich über diese heftigen Diskussionen nur wundern, waren sie sich doch bis jetzt überhaupt nicht über die Urheberschaft im Klaren. Man kann darüber nur staunen – oder sich freuen. So gibt es also ein weiteres marktfrisches Klimt Bild, Ernst oder Gustav hin oder her. Das „Selbstbildnis“ (70.000 – 140.000 Euro), darüber ist sich die Fachwelt allerdings bis jetzt wirklich einig stammt definitiv von Richard Gerstl. Zwischen 1906/07 dürfte der Künstler ein großformatiges Ölbild gemalt haben, wobei das darin befindliche „Selbstportrait“ später (von ihm selbst) herausgeschnitten wurde. Nach dem Freitod Gerstls 1908 erbte sein Bruder den gesamten Nachlass, den er dem Wiener Galeristen Dr. Otto Nirenstein – Kallir zum Verkauf anbot. Der wiederum erstellte ein nummeriertes Nachlassverzeichnis und zeigte die Arbeiten des damals völlig Unbekannten 1931 in seiner „Neuen Galerie“ einem staunenden Publikum. Der Erfolg war groß und Gerstl kam somit ins Blickfeld der Öffentlichkeit. Aber erst seit der großen Retrospektive 1993 im Kunstforum der Bank Austria weiß man ihn so richtig zu schätzen was wiederum den Wert seiner Bilder emporschnellen ließ. Das „Selbstportrait“, offensichtlich schon in den 30er Jahren von Kallir verkauft, galt bis heute in der Fachliteratur als verschollen. Daher war die Freude besonders groß als man im Auktionshaus nach eingehender Reinigung den Stempel der „Neuen Galerie“ und die Handschrift Kallirs mit dem Hinweis Nr. 24 Selbstportrait (Ausschnitt) auf der Rückseite des kleinen Ölbildes auffand. Im Kinsky kann sich nun dazu gratulieren eine neue Entdeckung der Öffentlichkeit geliefert zu haben.
Mehr Texte von Marlies Passow-Brunnbauer

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95. Auktion - Meisterwerke
23.04.2013 18:00

Auktionshaus im Kinsky
1010 Wien, Palais Kinsky Freyung 4
Tel: +43 1 532 42 00, Fax: +43 1 532 42 00 9
Email: office@imkinsky.com
http://www.imkinsky.com
Öffnungszeiten: 10 - 18 Uhr


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