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Pors & Rao: Unter dem Zeichen des Disco-Gummibären

Es ist eine feine, subtile Ironie. Ihr Stoff scheint da und dort gespeist aus Comic oder Trickfilmklassikern. Da können schon Assoziationen an irgendwelche überdrehte Filmszenen entstehen. Beim Anblick des zwei Meter langen roten Telefons THE UNCLE PHONE (2004). Was ist da nur geschehen? Wählscheibe und Hörer sind so weit voneinander entfernt, dass eine Person zwar die Nummer wählen könnte, zugleich aber eine zweite notwendig wäre, um den Hörer abzunehmen und zu sprechen. Noch dazu funktioniert das Ding. Anrufen möglich. Schon vorher sticht in dieser Ausstellung des Künstlerduos des indisch-dänischen Künstlerpaars Aparna Rao und Søren Pors – kurz Pors&Rao – die schlanke gelegentlich vor sich hin wackelnde Skulptur DRIFTER, HEAVY HAT (2008) ins Auge. Eine Strichzeichnung im Raum. Dem Design nahe. Eine Figur umgedreht auf dem Kopf, nein, auf der Melone stehend. Metall, Kunstsoff, Nylon. Das wichtigste vorhanden. Schuhe, Handschuhe. Fast wie in einem Disney-Comic, wo ebenfalls alle Handschuhe tragen? Jedenfalls die Welt auf den Kopf gestellt! Nähert man sich dem Ding, beginnt es, zu wackeln. Je näher, um so heftiger. Auf der Melone stehend zu kreisen. Ähnlich wie ein Ensemble weißer Bildflächen an der Wand PYGMIES (2006) mit kleinen schwarzen mobilen Elementen – an den Rändern angebracht – ausgestattet ist, die plötzlich verschwinden, sobald Publikum sich nähert. Uuuuh, what happened?? Auch ein schwarzer Fleck ein Stück weiter, das Bodenobjekt SUN SHADOW (2009) rückt die Wand aufwärts, um dann wieder runter zu fallen. Über allem TEDDY UNIVERSE (2009), die Disco-Kugelversion eines Weltraum-Gummibären. Ja, erster Eindruck: witzig. Doch wäre dies bloß ein Spiel an der Oberfläche. Interessanterweise ist es dann doch nicht so leicht, sich mit diesen bewegten Objekten einfach anzufreunden. Es zeigt sich Pors&Rao spielen bewusst mit dem Sentimentalen, indem sie Erinnerungen an popular culture, an Film, an eventuell mittransportierte Geschichten reaktivieren und somit auch an biografisch gespeicherte Gefühlskonstellationen appellieren. Doch letztlich geht es um ein sehr rigides Konzept von Skulptur und Installation, das an das expanded aus dem postmedialen Zeitalter erinnert. Es ist Skulptur, aber zugleich eben doch mit Körpersensoren ausgestattete Medienkunst. Es thematisiert das Bild im Kunstraum und kippt dann eben doch in eine andere Ebene. Hoppla! Die beiden verneinen, dass ihre Kunst i n t e r – aktiv sei, "but the objects are responding". Sie bestehen aus Kunstsoffen, aus Nylon, Gummi, aber auch Metall, wobei verschiedenste elektronische Komponenten eingebaut sind, ohne dass deren Existenz nur irgendwie evident zu sein scheint. Hochinteressant, wie dieser neue Kunstraum einer immerhin traditionsreichen und starken Galerie Wiens mit extrem breitem Spektrum sich zum Auftakt positioniert. Höchst zeitgemäß mit einer transmedialen Kunst, die sich rückgebunden an das Materielle manifestiert und sogar soweit traut formal ästhetisch zu sein, dass sie die Berührung mit dem Zitat nicht scheut. Kaum jedenfalls das Aufspringen auf eine der längst ausgereizten diskursiven Strömungen, obwohl angemerkt werden muss, dass Pors&Rao (*1974&*1978) bereits auf mehreren Großausstellungen wie auf der Fukuoka Asian Art Triennale oder im Rahmen von Indian Highway, kuratiert von Hans Ulrich Obrist, vertreten waren. Wenn dies als programmatisches Statement zu verstehen ist, heißt das auf jeden Fall, dass der an die Brotkunsthalle angrenzende neue Kunstraum Hilger Next Wien 10 mit seinen rund 400m² zu einem spannenden experimentellen Feld werden kann.
Mehr Texte von Roland Schöny

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Pors & Rao
23.03 - 25.05.2013

Galerie Hilger NEXT
1100 Wien, Absberggase 27
Tel: +43 1 512 53 15, Fax: +43 1 513 91 26
Email: ernst.hilger@hilger.at
http://www.hilger.at/
Öffnungszeiten: Do,Fr 12-17 h


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