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Josef Bauer – Werke 1965–2005: Nackenstützen und Passstücke

Birgit Jürgenssen, Helga Philipp, Florentina Pakosta, Martha Jungwirth: Das Aufstöbern von Künstlerinnen, denen die gebührende Aufmerksamkeit versagt blieb, wurde in den vergangenen Jahren geradezu zu einer sportlichen Disziplin. Und zu Recht. Eher selten jedoch wurde das Werk männlicher Künstler wieder ausgegraben. Ausnahmen bestätigen die Regel: Der Grazer Kunstverein stellt derzeit die Arbeiten von Josef Bauer seit 1965 aus (übrigens zeigt auch das Museum Angerlehner gerade eine Schau). Vielleicht ahnt man noch nichts Großartiges, wenn man den ersten Raum betritt; da liegen die Buchstaben „ORT“, 80 Kilo schwer, aus Eisen, vor einer Stufe. Nun gut. Doch schon wenige Schritte weiter wird es wirklich erstaunlich: Auf einem Foto von 1967 posiert ein etwas vollschlanker junger Mann mit einer „Nackenstütze“ – es handelt sich um ein amorphes Ding, das er sich um die Schultern legt. Franz Wests „Passstücke“ sind nicht fern, allerdings erst Jahre später entstanden. Weiter hinten sieht man Bauer selbst auf einem Foto mit Buchstaben, die aus langen Latten wachsen, kämpfen – und fühlt sich an Erwin Wurms One Minute Sculptures erinnert, auch diese datieren viel später. Und es wird immer sensationeller: Ein Tisch, darauf ein Gedeck – allerdings ist die Gabel als Foto gedruckt, ergänzt durch einen realen Löffel und den Schriftzug „Messer“. Joseph Kosuth lässt grüßen, ebenso wie in jener Installation, in der Bauer einen Stein, einen Abguss und eine Fotografie davon sowie dessen Umriss versammelt. Alles in den 60er-Jahren entstanden, übrigens. Bauer kommt nicht nur von der Skulptur, sondern auch vom Text, von der Sprache: Um das „Begreifen“ im wortwörtlichen und im übertragenen Sinn geht es ihm stets, darum, wie die Sprache die Gegenstände abstrahiert und distanziert. Da kämpfen brave Mädchen im Rock mit riesigen Buchstaben, trägt ein forscher Bursch lässig ein „K“ unterm Arm durch die Wiesen. Bauer hat seine ländliche Verwurzelung nie verleugnet; wahrscheinlich wurde sie seiner fehlenden Rezeption auch zum Verhängnis. Doch vielleicht sind die Ausstellungen in Graz und Linz ja ein Startschuss zur Bauer-Wiederentdeckung. Man würde es ihm und sich wünschen.
Mehr Texte von Nina Schedlmayer

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Josef Bauer – Werke 1965–2005
07.12.2013 - 23.02.2014

Grazer Kunstverein
8010 Graz, Palais Trauttmansdorff, Burggasse 4
Tel: + 43 316 83 41 41, Fax: + 43 316 83 41 42
Email: office@grazerkunstverein.org
https://www.grazerkunstverein.org/
Öffnungszeiten: Mi-Fr 11-18 h


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