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Constant Permeke: Nostalgie und Emotion

Über die Ausstellung von Jacob Jordaens in Brüssel hatten wir schon berichtet. Auf ganz andere und doch ebenso Weise flämisch, erlebt man rund hundert Meter weiter im Paleis voor Schone Kunsten den Expressionisten Constant Permeke, der sich mit seiner erdfarbenen Palette in den Boden des „platte lands“, seines „vlaanderlands“ (so Jacques Brel) hineinzuwühlen scheint – selbst das Meer und den Himmel überschwemmte er mit seiner braun-ockerigen Tonigkeit. Rund 140 Werke der Jahre 1908 bis 1952 belegen dies – eigentlich ohne Ausnahme. Der Zuschauer wird Werk-Zeuge dieses „gènie du nord“ und seiner vier Motive umfassenden figurativen Massigkeit, die bisweilen Farbfeld-Inspirationen auslösen: Bauer, Fischer, Frau und Meer. Permeke schuf mit dieser expressionistisch beseelten flämischen Landschaft eine Art corporated identity für seine Heimatregion. Die naive Humanität dieser „verknödelten“ Figuren mag manchen Besucher an Paula Modersohn-Becker erinnern. Während seiner fünf frühen englischen Jahre, die ihn nach einer schweren Weltkriegsverwundung 1915 nach Devonshire führten, lernte er die Firmamentexplosionen William Turners’ kennen und lieben. Dort beginnt aber auch eine Art Flandern-Nostalgie und -Sehnsucht, die ihn gleichsam mit Erde zu malen beginnen lässt. Auch gehen der Kubismus und der Blaue Reiter nicht gänzlich ohne Einflüsse an ihm vorüber. Nach seiner Rückkehr 1919 erlebt er den Aufschwung, wird zunehmend ausgestellt - am selben Brüsseler Ausstellungsort wie heute wurde er bereits 1930 mit 600 Werken präsentiert. Die formelhafte Gesichtslosigkeit seiner raumgreifenden Figuren, versehen mit zunehmend zeichnerischer Textur in diesen abstrahierten Körperflächen, steht für die Absicht Permekes, Essenzielles, Archetypisches herauszuarbeiten. Hinzu kommt sehr viel „leerer“ Raum in seinen Bildern, was neue Volumina entstehen lässt. Nicht minder aber muss ebenso auf die zahlreichen schematischen Mutter- und Bauern-Idole al la Permeke verwiesen werden, und die ständige Gefahr schablonenhafter Schwellkörpersucht. Das Leid- und Todeserlebnis durch den Lebensabschied seiner Frau, 1948, lässt nochmals eines der wenigen herausragenden Spätwerke (wohl ein prinzipielles Expressionisten-Manko) entstehen – vier Jahre später starb auch Permeke, der einnmal gesagt hat „Form interessiert mich viel weniger als Emotion. Ich bin viel näher an Goya als an Picasso“. Im Bild „Der Abschied“ glaubt man ihm das ohne Wenn und Aber.
Mehr Texte von Roland Groß

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Constant Permeke
11.10.2012 - 20.01.2013

Palais des Beaux-Arts
1000 Brüssel, Rue Ravenstein 23
Tel: +49 2 507 82 00
http://www.bozar.be/
Öffnungszeiten: Di-So 10 - 18, Do 10 - 21 h


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