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Die Hegemonienmeister

Rück- und Ausblick auf die Kunstmessen 2012/2013 2012 hat die Kunstmesselandschaft kräftig aufgemischt. Und eines hat sich dabei gezeigt: Die Zeit der alles dominierenden globalen Dickschiffe ist wohl vorbei. Spätestens die immerhin respektable Premiere der Frieze New York im späten Frühjahr hat klargemacht, dass nichts sicher ist - nicht einmal die lokale Marktführerschaft. Die von ihren (Noch-) Eigentümern heruntergewirtschaftete Armory Show wird es trotz ihres alerten neuen Direkors schwer haben, wenigstens die Bastion New York zu halten. Von der Welt als Einzugsgebiet ganz zu schweigen. Sogar die aufgrund ihres Edelsegments immer als unangreibar geltende Tefaf in Maastricht sieht sich der neuen Konkurrenz durch die Frieze Masters ausgesetzt, die parallel zur Frieze London erstmals im Oktober stattfand. Allerdings haben die Londoner sich wohl vor allem selbst kannibalisiert. Während die Masters durch angenehme Weitläufigkeit, Zeit für Gespräche mit Ausstellern und exzellente Präsentationen im Bereich Modern Contemporary begeisterte, war die Ur-Frieze anscheinend mehr denn je jeden Tag so überlaufen, dass ein sinnvoller austausch über das Gezeigte kaum möglich waren. Die Umsätze sollen hier wie dort mittelprächtig gewesen sein. Die Art Basel als Dachmarke dreier Messen (Basel, Miami Beach und Hongkong) war ebenfalls kurzzeitig etwas nervös geworden, als Frieze New York den Baseler Termin in China belegte. Dabei ist das Problem - und nicht nur das der Schweizer - ein viel grundlegenderes als das direkte Kräftemessen mit dem einen oder anderen Wettbewerber. Mit dem Aufkommen starker Konkurrenz in Hongkong, Singapur, dem Mittleren Osten, Indien oder in Lateinamerika wird der eben noch global geglaubte Kunstmarkt plötzlich in gewisser Weise wieder regional. Kein Sammler schafft es mehr, alle wichtigen Events zu besuchen – wozu auch, die Messen kommen ja zu ihm. Der Kampf der Veranstalter geht daher nicht nur um die Besucher, sondern auch um die Aussteller. Die wenigsten Galerien schaffen es, auf mehreren Messen gleichzeitig präsent zu sein. In dieser neuen Aufmerksamkeitsökonomie der Kunstmessen tun sich die traditionellen Anbieter etwas schwer. Der Arco etwa bricht der (subventionierte) Heimatmarkt weg, so dass der Direktor in seiner zweiten selbst verantworteten Ausgabe sein Heil in der Erneuerung der Bande mit Südamerika und anderen aktuell stark umkämpften Neuen Märkten suchen muss. Dieses Jahr fällt dabei die Wahl auf die Türkei, die allerdings auch schon bei der VIENNAFAIR The New Contemporary im letzten Jahr zu Gast war. Dort erprobt man ein innovatives Modell, das ganz vielversprechend sein könnte. Hinter dem - etwas schrillen - Direktorinnenduo stehen ein russischer Investor und österreichische Sammler, die gemeinsam schon für einen Teil des Umsatzes auf der Messe gut sind. Der strategische Blick geht dabei nach Osten und Südosten, also dorthin, wo auch im Westen allgemein Kaufkraft vermutet wird. Die Art Basel hingegen zeigt zunehmend Ermüdungserscheinungen aufgrund ihrer Gravitas und entwickelt sich mit ihrer eigenen Globalisierung auf drei Kontinente bedrohlich zur normalen Kunstmesse, die sich mit anderen messen muss, wo sie vorher das Nonplusultra war. Die Fiac in Paris wird zwar nach einer langen Durststrecke schöner und teurer und damit irgendwie wichtiger im Messekalender, durch die auf ihr angebotene Markenware aber auch immer beliebiger. Die Kunst wird also nicht unbedingt überall spannender - zumindest aus abendländischer Sicht. Doch die Verlagerung respektive Auflösung von kulturellen Hegemonien, die sich an den Kunstmessen und damit am Kunstmarkt ablesen lässt, dürfte in nächster Zeit an Dynamik eher noch gewinnen.
Mehr Texte von Stefan Kobel

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