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Yonel Lebovici: Den Schalk unterm Hintern

Wenn Yonel Lebovici als seine Idole Jean Tinguely, Alexander Calder und Fernand Léger nennt, so bezeichnet das die drei Grundkonstanten seiner Arbeiten: Légers Faszination des Metallisch-Stereometrischen, Tinguelys Surrealismus und Calders anarchischen Humor. Der Pariser, der aussieht wie der große Bruder von Tom Jones, folgt seit den sechziger Jahren dem Leitmotiv der unverhältnismäßigen Proportionen und Kombinationen bildhafter Elemente, die sich zu Hybriden aus Kunst- und Gebrauchsgegenständen synthetisieren. Meist sind diese in der Lage, Licht zu verströmen und insofern mit Fug und Recht als Lampen zu bezeichnen; Lampen in Form grotesk vergrößerter Sicherheitsnadeln, Dynamo-Taschenlampen oder Augenpaare. Das erste Gebot des Funktionalismus - dass es für jede Funktion eine optimale Form gibt, die es zu finden gilt - ist spielerisch ad absurdum geführt. Der Claes Oldenburg des Design nimmt Themen wie Licht und Wärme beim Wort, und ein offener Kamin hat dann eben die Form einer riesigen verchromten Kugel, die von zwei Händen gehalten wird. Motto: \"Les mains chaudes\", warme Hände. Abstrahierter sind eine 1972 entworfene Amuse-gueule-Platte mit Seifenblasen-Struktur, das 1969 entstandene Metall-Plexiglas-Leuchtobjekt \"Satellite\" oder \"Soucoupe\", (fliegende) Untertasse, eine Lampe im Star-Trek-Look aus den Siebzigern. Die Kugelform taucht, neben dem gleichseitigen Dreieck, immer wieder auf und mag ihren Ursprung in Lebovicis Beschäftigung mit Luft- und Raumfahrt haben. \"Pince-sans-rire\", heimlicher Schalk, nennt sich ein äußerst bequem aussehender Fauteuil in Form einer Klemme (pince). Hier sitzt der Schalk nicht nur im Nacken, sondern unterm Hintern. Die Lebovici-Söhne hatten sicher viel Spaß an ihren mit gigantischen Wäscheklammern eingerichteten Zimmern. Hier liegt aber auch der Ursprung all jener ins Monströse aufgeblasenen Glühbirnen-Lampen und Armbanduhr-Wanduhren, die seit den Siebzigern Möbelhäuser, Geschenkshops und Jugendzimmer überfluten.
Mehr Texte von Iris Meder †

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Yonel Lebovici
04.12.2002 - 28.02.2003

Klaus Engelhorn22 contemporary design
1010 Wien, Stubenring 22
Tel: +43 1 512 79 4 20, Fax: +43 1 512 79 40 40
Email: office@klausengelhorn.com
http://www.klausengelhorn.com
Öffnungszeiten: geschlossen


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