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Wegen Vermittlung geschlossen

Das Programm der Kunsthalle Wien 2013/2014 Die imperiale Geste ist seine nicht. Wo früher gewohnt eloquent – und zuweilen etwas outrierend – Museums- und Kunsthallenleiter ihre Programme und damit die Arbeit ihrer MitarbeiterInnen, selbstverständlich als ihre Errungenschaften ausgaben, herrscht heutzutage ein leiserer, kooperativer Tonfall. So auch bei der ersten Programm-Pressekonferenz von Nicolaus Schafhausen, seit Oktober 2012 Leiter der Kunsthalle Wien. Dass die erste Sesselreihe im Kubus am Karlsplatz für MitarbeiterInnen reserviert war, darf als zusätzliche Geste des neuen Kooperationsgeistes, ein wenig aber auch als Schutzschirm gegen allzu drängende Fragen der ab der zweiten Reihe platzierten JournalistInnen verstanden werden. Die gab es am Ende von Schafhausens Vortrag dann doch, denn was am Programm des Jahres 2013 auffällt, ist dass es nur wenig Programm gibt. Wo seiner Nachbarin Karola Kraus noch drei Monate reichten, um notwendige Reparaturen und Adaptierungen im mumok durchführen zu lassen, gönnt sich Nicolaus Schafhausen deren sechs, in denen die architektonisch nicht zufriedenstellende Eingangssituation soweit möglich verbessert und die Ausstellungsräume einer grundlegenden Renovierung unterzogen werden sollen. Geschlossen bleibt übrigens auch die Kunsthalle am Karlsplatz, obwohl dort eine Renovierung aus budgetären Gründen erst „mittelfristig“ geplant ist. Unterbrochen wird der ab dem 24. Februar herrschende „eingeschränkte Zugang“ nur durch fünf Diskussionsabende und einer 10-tägigen Intervention die gemeinsam mit den Wiener Festwochen vom 17. bis 26. Mai 100 Veranstaltungen unter dem Titel „WWTBD – What Would Thomas Bernhard Do?“ präsentiert. Diese geballte Ladung lässt dafür aber zumindest kurz aufblitzen, was in den kommenden fünf Jahren vielleicht doch in der Kunsthalle zu sehen sein könnte: eine diskursive Befragung gegenwärtiger gesellschaftlicher Verhältnisse – in diesem Fall vor dem Hintergrund der immer noch zu wenig gewürdigten kritischen Denktradition des 1989 verstorbenen Autors. Am Karlsplatz wird vom 28. bis 30. Juni die „4th Independent Publishers and Artzine Fair Vienna“ zwischenzeitlich für ein wenig Belebung sorgen, während die Kunsthalle Wien als Institution davor auf der Art Basel ihr Programm und die Ideen des Grafikers, Typographen und Künstlers Boy Verrecken zum Corporate Design der Kunsthalle Wien präsentieren wird. Umgebaut wird auch das Team der Kunsthalle. Ausgehend von der grundlegenden Konzeption Schafhausens, die Kunsthalle weniger als Ausstellungshaus denn als Bühne für die Hinterfragung der Gegenwart mit den Mitteln zeitgenössischer Kunstproduktion zu etablieren, wird die neue Abteilung „Dramaturgie“ geschaffen, in der die Kunsthistorikerin Vanessa Joan Müller und der schon bisher als Kurator an der Kunsthalle tätige Lucas Gehrmann eine neue Vernetzungsebene zwischen Kunst und Wissenschaft, Ausstellungen und Diskursprogramm bilden sollen. Verstärkt soll auch die bisher schon erfolgreiche Kunstvermittlung, speziell an Jugendliche mit Migrationshintergrund werden. Vom ursprünglichen KuratorInnenteam wechselt Martin Walkner (bisher Kuratorischer Assistent) zur Abteilung Kunstvermittlung. Cathérine Hug bleibt als Kuratorin am Haus, neu als kuratorische Assistenz ist Vivien Trommer und der Kanadier Gareth Long wird ab März 2013 als Curator in Residence an der Kunsthalle Wien arbeiten. Richtig los gehen wird das Programm dann ab dem 6. September 2013 mit der Ausstellung „Salon der Angst“ die vor allem die herrschenden Debatten um Sicherheit, Bedrohung und Kontrollverlust thematisieren wird, auf dem Karlsplatz werden Monica Bonvicini, Kate Newby und Michael Stevenson bis ins Jahr 2014 hinein am Begriff Kunst im öffentlichen Raum arbeiten. Neben einer Ausstellung von Jos de Gruyter & Harald Thys ab Jänner 2014 wird natürlich die Bukarest Biennale, die Schafhausen als Kurator mitverantwortet, im kommenden Jahr spielen. Der Konnex zum rumänischen Bildhauer Constantin Brancusi wirkt allerdings recht konstruiert (Ausstellung: Der Brancusi-Effekt – Der archivarische Impuls, 27.5. – Ende September 2014) und der angestrebte städteübergreifende Diskurs noch wenig fundiert. Vielleicht wäre eine klare Trennung der beiden Aufgaben statt einer halbherzig wirkenden Vermischung hier besser gewesen. Natürlich hat Nicolaus Schafhausen recht, dass seit seinem offiziellen Amtsantritt am 1. Oktober 2012 nicht viel Zeit war, sein Programm vorzubereiten, vergisst dabei aber zu erwähnen, dass er am 14. Juni als designierter Leiter präsentiert wurde und die Kunsthalle Wien ja schon seit April keine künstlerische Leitung mehr hatte. Die künstlerische Landkarte seiner auf fünf Jahre angelegten Funktion präsentiert sich – so wie die rein weiße Pressemappe – noch recht unbeschrieben. Für die diskursiven Höhen und künstlerischen Abgründe in die er die Wiener Kunstszene führen soll, muss wohl noch mehr Theorie- und Ausstellungsmaterial bewegt werden. www.kunsthallewien.at
Mehr Texte von Werner Rodlauer

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1 Posting in diesem Forum
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Karl May | 12.01.2013 12:28 | antworten
Bittebitte pragmatisieren - sonst müssen wir ihn am Ende noch zurücknehmen!

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