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Rudolf Goessl - Verwandlungen: Freiheit, Farbe, Verführung

Endlich wird eine retrospektive Schau im größeren Rahmen dem malerischen Werk Rudolf Goessls (geb.1929) gerecht. Das sich seit dessen „erstem Bild“ 1945 stetig wandelnde und unablässig weiter entwickelnde Oeuvre ist von der Kuratorin Andrea Jünger mit einer prägnanten Auswahl und effektvoller Regie in der Schedhalle St. Pölten, einem der Standorte der „Zeit Kunst Niederösterreich“ gekonnt in Szene gesetzt. Beispiele aus der Nachkriegszeit belegen noch die prinzipielle Enge der heimischen Kunstszene unter der Domäne von wenigen großen Persönlichkeiten wie Boeckl oder Wotruba. In den noch kleineren Formaten von Goessls frühen Zeichnungen und Ölbildern lässt sich vor allem die Auseinandersetzung mit den Prinzipien des Kubsimus ablesen. Eine ganz andere Herausforderung stellte 1967 anlässlich einer Reise in die USA die Begegnung mit der amerikanischen Malerei dar. Sie eröffnete dem jungen Künstler die Perspektive auf bis dahin ungekannte Möglichkeiten malerischer und farbiger Autarkie. Goessls Formate weiten sich zu großen abstrakten Gemälden. Ein gewachsenes Selbstbewusstsein, eine Freiheit an Farbe und Freude an der großen Gestalt zeichnen diese kurze Phase aus. Es folgt eine sehr persönliche Verinnerlichung der neu erfassten Werte und Qualitäten. Goessl nähert sich sukzessive einer Monochromie, mit welcher er im zeitgleichen österreichischen, meist von einer expressiven Gestik beherrschten Kunstgeschehen als singuläre Erscheinung gilt. Die Serie der „Faltungen“ oder „Raumbühnenbilder“ der frühen 70er Jahre stellen mit ihrem nuancenreichen sensiblen Kolorismus und verhaltenen, der Materialität zunehmend entzogenen Andeutungen nur eine Zwischenstation in der Entwicklung eines vollkommen entleerten, im rein Atmosphärischen verbleibenden Farbraums dar. Zunehmend verdüstert sich seit den 80er Jahren Goessls Farbspektrum, die zarten Vibrationen der Töne verstärken sich und reißen die Farbflächen auf. Die zuvor leise angeklungene Sehnsucht schwillt zu einer aufgewühlten Verletzlichkeit von melancholischer Schwere. Mit der Zugabe von grobkörnigem Sand in die Ölfarbe und bisweilen vehementen Einkerbungen in diese Widerstand leistende Substanz gewinnt die subjektive Empfindsamkeit, die dem Werk Goessls kontinuierlich immanent ist, an körperhafter Präsenz. Aus diesen zuständlichen inneren Erregungen heraus entwickelt Goessl einen neuartigen sentimentalischen Raum, der über die Grenzen des Bildes hinausweisend meditative Erfahrungsmöglichkeiten anbietet. Als bildgewordenes Epos von Werden und Vergehen suggeriert der 26-teilige Zyklus „Große Litanei“ (2000-2005) metaphysischen Gehalt. Immersive Farbräume kontrastieren mit kraftvollen Akzenten. Mit dem „Goldenen Weg“ (Teil der „Großen Litanei“) präsentiert Andrea Jünger in passend kompakter Hängung einen eindringlichen Schlussakkord der Ausstellung. Für Rudolf Goessl ist damit nur ein Strich unter sein bisheriges Oeuvre gezogen: „Nach diesem Resümee möchte ich etwas Neues hervorbringen. Ich bin überzeugt davon, dass es mir gelingen wird.“ (1) Die jüngsten der ausgestellten Werke wie “Im Raum“ von 2012 lassen kaum einen Zweifel daran. Vielleicht erliegt Goessl nun mit über 80 Jahren den expressiven Verführungen leuchtender Farbe? 1) Das Zitat ist dem Katalog zur Ausstellung entnommen: Rudolf Goessl im Gespräch mit Alexandra Schantl, Oktober 2012 (Seite 15).
Mehr Texte von Margareta Sandhofer

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Rudolf Goessl - Verwandlungen
16.02 - 12.05.2013

Landesgalerie für zeitgenössische Kunst
3100 St.Pölten, Kulturbezirk 5
Tel: +43-2742 90 80 90
Email: office@zeitkunstnoe.at
http://www.zeitkunstnoe.at/
Öffnungszeiten: Di – So 9 - 17 h


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