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Oscar Niemeyer 1907-2012

Construir um ritmo novo Oscar Ribeiro de Almeida Niemeyer Soares Filho war ein Phänomen. Geboren am 15. 12. 1907 in Rio de Janeiro als Sohn eines deutschstämmigen Vaters und einer aus einer kommunistischen Familie stammenden Mutter, gestorben in seiner Heimatstadt am 5. 12. 2012, zehn Tage vor seinem 105. Geburtstag. Arbeit bei Lucio Costa und beim politisch ganz anders tickenden Le Corbusier, mit ihm Arbeit am UNO-Headquarter in New York, von 1945 bis 1990 Mitglied der kommunistischen Partei Brasiliens, nach dem Militärputsch in den 1960er Jahren im französischen Exil. Nach 76jähriger Ehe verwitwet, heiratete er mit 98 seine 60jährige Sekretärin. Niemeyer brachte die Moderne zum Hüftschwingen. Dass sein Architekturbüro, das er bis zuletzt frequentierte, an der Copacabana lag, darf als symptomatisch gewertet werden. Auch, dass zur feierlichen Einweihung von Niemeyers umstrittenem Opus magnum, der neuen brasilianischen Hauptstadt Brasília, die Bossa-Nova-Großmeister Vinicius de Moraes und Antonio Carlos Jobim eine "Sinfonie der Morgenröte", Sinfonia da alvorada, schrieben. "Uma cidade de homens felizes", eine Stadt glücklicher Menschen, wie Niemeyer in der Sinfonia zitiert wird, wurde Brasília zwar nicht. Aber der philanthropische Ansatz Niemeyers war durchaus ein ernst gemeinter. Und bei alledem "construir um ritmo novo", einen neuen Rhythmus bauen, oder anders gesagt, wäre es nicht so platt: eine "bossa nova", ein neues Ding. Und das hieß, wie er nicht müde wurde aufzuzeichnen und zu erläutern: Stahlbeton, geschwungen nach dem Vorbild weiblicher Kurven. Mehr als 600 realisierte Gebäude wurden es in Niemeyers Leben, darunter in Europa ein Hotel mit Casino in Funchal, Bürogebäude in Segrate bei Mailand und in Pianezza bei Turin, die Zentrale der Kommunistischen Partei in Paris, Kulturzentren in Le Havre und im asturischen Avilés, ein Konzertsaal in Ravello und ein Wohnblock im Berliner Hansaviertel. Ein Schwimmbadprojekt in Potsdam scheiterte 2007 an der Mutlosigkeit der Entscheidungsträger. Vier Projekte in Südamerika sind derzeit in Bau. Anlässlich des Todes von Niemeyer wurde in Brasilien dreitägige Staatstrauer angeordnet. Passender wäre im Gedenken an den Meister wohl entspanntes Abhängen an der Copacabana oder dem benachbarten Ipanema, dessen Hymne sich auch auf Niemeyers Architektur beziehen lässt: "Moça do corpo dourado do sol de Ipanema o seu balançado é mais que um poema, é a coisa mais linda que eu já vi passar" – "When she moves it's like a samba that swings so cool and sways so gently that when she passes each man she passes goes aaah …". Adeus, Oscar. Und schöne Grüße an Dave Brubeck.
Mehr Texte von Iris Meder †

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