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Marko Zink - Im Kurhotel: Total Recall im Kurhotel

Die Vergänglichkeit des irdischen Daseins ist aufgrund ihrer Allgegenwärtigkeit ein ungebrochen attraktives Thema. Dass sich der Fokus auf die sogenannte Vanitas in der bildenden Kunst fast ausschließlich auf die freudigen Fassetten derselben bezieht, erklärt sich nicht unbedingt logisch. In Marko Zinks Fotoarbeiten bei Michaela Stock schwingen da noch andere Saiten mit. Am gezeigten Genre ist nichts neu: Ein kaum oder nicht identifizierbarer Mensch in einem desolaten, spürbar verlassenen Gebäude, einer ehemaligen Luxuskuranstalt, wird auf großen Reproduktionen in „schlechter“ Auflösung präsentiert, nostalgisch und sentimental, das gefällt. Dazu ein Schuss Erotik und ein bisschen Humor, geheimnisvolle Verschlüsselung der räumlichen Situation: Es sind effektvolle Übungen, gängig, gefällig und leicht zugänglich, also erfolgreich - die Marko Zink subtil mit offener Vieldeutigkeit anreichert. Gerade die präsentierte Auswahl an Fotografien aus dem Zyklus „Im Kurhotel“ steht wie Filmstills ausschnitthaft für verborgene Geschichten. Unausgesprochene oder nicht aussprechbare Narrationen treten als kürzeste Momente von Begegnungen auf. Es sind Begegnungen innerhalb einer wechselseitigen Beziehung zwischen drei Komponenten, der abgebildeten Person als Protagonist, der fremdartigen Umgebung, welcher dieselbe Relevanz wie dem menschlichen Akteur zukommt, und dem Fotografen. Die RezipientInnen werden durch die Closeups unmittelbar involviert, Marko Zink stülpt ihnen, allerdings nur für die erste Betrachtung, die eigene Position des Fotografen über. Die formale Inszenierung und Behandlung des Filmmaterials ist auf den zweiten Blick offensichtlich und schafft Distanz. Zink fotografiert analog mit einem „gekochten“ Film, der nach der Entwicklung gescannt wird. Der beschädigte Film ist kaum dauerhaft haltbar, die vorbereitende Behandlung hat ihre Spuren am Bild hinterlassen. Farbnuancen sind zu kleinen Farbpunkten zerstäubt, Partien unscharf, Grenzen verwischt. Formal ist die „verschlechterte“ Qualität der Wiedergabe als Mittel der Überhöhung eingesetzt. Inhaltlich könnte man darin eine Simulation der menschlichen Erinnerung sehen. Ähnliches suggerieren die gewählten Ausschnitte und Motive. Räume, Menschen und Details, wie die Handlung selbst, treten nur als Fragmente hervor, der große Zusammenhang bleibt unklar und provoziert Assoziationen, melancholische und mitunter schmerzhafte. Menschliche Perspektiven überlagern sich mit der technischen der Kamera, menschliche Proportionen und Formen finden Analogien im Mobiliar. Die menschliche Präsenz gibt in ihrem temporären Dasein, in essentieller Verletzlichkeit dem Umraum Bedeutung, umgekehrt wird der Mensch mit der brüchigen Stimmung der Umgebung aufgeladen. Das Subjekt Mensch und das Objekt Hotel und sein Mobiliar sind als solche nicht mehr von einander zu trennen. Über Allem dominiert die Augenblicklichkeit der jeweiligen Situation. Die dargestellte Begegnung gilt als ephemere Erscheinung, nicht festhaltbar entschwindend. Sie entzieht sich einer zeitlichen Definition. Ob einst real erlebt, gerade gegenwärtig oder sehnsuchtsvoll visionär, ist nicht relevant. Was bleibt, sind die Spuren im Gedächtnis, rätselhafte Rudimente, das Original entweicht - wie Marko Zinks „gekochter“ Film in absehbarer Zeit zerfallen wird.
Mehr Texte von Margareta Sandhofer

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Marko Zink - Im Kurhotel
14.11.2012 - 12.01.2013

Galerie Michaela Stock (alte Location)
1040 Wien, Schleifmühlgasse 18
Tel: +43-1-920 77 78
Email: info@galerie-stock.net
http://www.galerie-stock.net/
Öffnungszeiten: geschlossen


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