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Marina Abramović - With Eyes closed I see happiness: Performative Meditationen

Was Marina Abramović heute praktiziert, ist die konsequente öffentliche Manifestation einer eigenen, persönlichen Ethik. Soziale Fragen ignoriert sie keineswegs. Doch angesichts der zerstörerischen Realitäten im Alltag des Kapitalismus geht es ihr weniger um die Formierung einer Gegenbewegung, sondern grundsätzlich um die Autonomie des Menschen. Während Joseph Beuys noch intendierte, die Gesellschaft zu heilen, sucht Abramović nach einem Modus, sich selbst aus destruktiven Zusammenhängen zu lösen, und dies auch als Haltung auszudrücken. Schon Anfang der 1990er Jahre sagte sie: ''Malevich sah sich als Stufe, Beuys als Schamane, ich sehe mich als Brücke.'' Bezogen auf ihre performative Arbeit heute könnte man von energetischer Kommunikation sprechen. Um sie zu ermöglichen, sei es notwendig, einen Zustand innerer Leere zu erreichen, erklärt die aus Belgrad stammende jugoslawische Performance-Künstlerin, die nun in New York lebt, insistierend. Erst von daher beginnen sich ihre jüngsten fotografischen Werke aus der Serie ''With Eyes Closed I See Happiness'' zu erschließen. Während ihr Titel an eine meditative Praxis erinnert, zeigen diese Studien die Künstlerin wie eine Ikone in sich selbst zurückgezogen, zumeist stehend, in verschiedenen Positionen. Dabei baut sie Beziehungen zu Gegenständen wie zu einem Wasserglas oder einer brennenden Kerze auf oder umfasst gestisch tatsächlich leeren Raum zwischen ihren Händen. Außerdem determinieren einzelne Objekte die Ausstellungsräume. Es sind etwa Abgüsse von Händen oder von einem Fuß der Künstlerin. Vergegenständlicht sollen sie Energieflüsse zum Ausdruck bringen und resultieren aus Erfahrungen von Abramović mit Schamanismus in Brasilien. Allerdings könnte diese Ritualisierung der eigenen Existenz durchaus befremden, weil sie den Lebensentwurf der Künstlerin als nahezu bruchloses und fast schon ideologisch wirkendes Modell in den Vordergrund rückt. Angesichts der Geschichte von Marina Abramović als Avantgardistin der Performance, deren extreme Konzepte sie bis heute an die äußersten persönlichen Grenzen führen, wirken ihre aktuellen Fotoarbeiten dennoch sehr glaubwürdig und authentisch. Der leere Raum um den Körper der Künstlerin steigert den symbolhaften Charakter ihrer Aktionen. Welches harte körperliche Training und welche enormen mentalen Übungen die nun 66 Jährige vollzieht, um sich leer zu machen und mit ihrem Publikum in Austausch zu treten, dokumentiert das von Thyssen-Bornemisza Art Contemporary koproduzierte filmische Porträt der Abramović unter der Regie von Matthew Akers. Der eindringliche Film ist rund um ihre dreimonatige Performance ''The artist is present'' im MOMA, 2010, konzentriert und hatte auf der diesjährigen VIENNALE seine Österreich-Premiere. Die Intensität ihrer tatsächlichen Präsenz bewies Marina Abramović schließlich im öffentlichen Gespräch im Gartenbau-Kino und hernach im Zuge eines performativ gestalteten Empfangs im TBA21-AUGARTEN. Man sollte die Ausstellung dieser großen Persönlichkeit der zeitgenössischen Kunst keinesfalls versäumen. Doch – wie so oft im Zusammenhang von Performance gültig – entfalten die Fotoarbeiten erst vor dem biografischen Hintergrund der Marina Abramović ihre umfassende Bedeutung. Welch Glück also, dass der reguläre Start des Films bereits für 9. November angesetzt ist.

Mehr Texte von Roland Schöny

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Marina Abramović - With Eyes closed I see happiness
26.10 - 24.11.2012

Galerie Krinzinger
1010 Wien, Seilerstätte 16
Tel: +43 1 513 30 06, Fax: +43 1 513 30 06 33
Email: krinzinger@galerie-krinzinger.at
http://www.galerie-krinzinger.at
Öffnungszeiten: Di-Fr 12-18, Sa 11-14 h


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