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Utopia is Possible. ICSID. Eivissa 1971 - : Woodstock für Industrial Designer

Oder wie man Utopien baut! Zum ersten Mal zeigt das Macba (Museu d'Art Contemporani de Barcelona) eine umfangreiche Dokumentation des richtungsweisenden siebenten internationalen Kongresses der ICSID (International Council of Societies of Industrial Design) auf Ibiza. Als am 14. Oktober 1971 der Kongress der ICSID in einer kleinen Bucht auf Ibiza begann, konnte niemand ahnen, dass hier eine Initialzündung für den Aufbruch der Künste in Franco-Spanien stattfinden sollte. Was als Kongress von mehr oder weniger nüchternen Designern begann, wurde schnell zu einer Art Hippie-Event mit quasi kultischen Ritualen, das die Freiheit und Kraft von Kunst und Phantasie feierte. Hier zeigt sich sehr schön, wie Ende der 1960er-, Anfang der 1970er-Jahre eine uns heute völlig unzugängliche Aufbruchstimmung unter der Jugend und den progressiven Kräften herrschte, ein Gefühl das nicht weniger versprach als die Veränderung der Welt zum Besseren. Dass eine Veranstaltung im noch immer faschistischen Spanien eine solche Dynamik entwickeln konnte zeigt einerseits, welche Kraft damals die Utopie einer besseren Welt hatte, aber auch dass das Regime schon seinem Ende zu ging. Von den Projekten und Entwürfen welche in dieser Schau gezeigt werden, ist sicher „Instant City“ – eine aufblasbare, erweiterbare Modulkonstruktion von Carlos Ferrater, Fernando Bendito und José Miguel de Prada Poole – das nachhaltig einprägsamste und designgeschichtlich interessanteste Objekt. Sicher nicht zufällig fühlt man sich dabei an die aufblasbaren Architekturen von Haus-Rucker-Co erinnert, die einige Jahre zuvor in Wien entstanden sind. Die „Instant City“ zeigt auch sehr schön an welchen Utopien damals gebastelt wurde, ist es doch ein Gebäude das von den BewohnerInnen selbst erweitert und verändert werden kann. Eine Gemeinschaftsarbeit die weder Hierarchie noch Besitz voraussetzt. Eine temporäre organisch gewachsene Struktur aus Kunststoff und Luft. Der Reiz der Ausstellung liegt für jene, die nicht auf Design-Geschichte spezialisiert sind, vor allem in der Buntheit und Wildheit der Ideen und Projekte, besonders wenn man sich den Kontrast zu heutigem durchkommerzialisiertem Design vor Augen führt. Ein weiteres großartig absurdes Projekt war eine auf dem Meer schwimmende Skulptur von Josep Ponsatí, die aus gefalteten, miteinander durch Seile verbundenen Luftkissen bestand, die an gigantische Sitzsäcke erinnern. Auf solchen Sitzmöbeln, die so prägnant für das Design der Epoche stehen, kann man dann auch in aller Ruhe das sehr authentisch wirkende Ambiente der frühen 1970er genießen, in dem die gesamte Ausstellung gehalten ist und sich Videos mit Interviews der damals beteiligten – allerdings zumeist auf Katalanisch – ansehen. Von der damaligen Aufbruchstimmung sind nur einige Amateurvideos und großartige schwarz-weiß Fotos geblieben. Heute machen die selben Designer gute Geschäfte mit ihren Produkten. Die Zeit Utopien zu bauen, ist lange vorüber.
Mehr Texte von Wolfgang Pichler

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Utopia is Possible. ICSID. Eivissa 1971 -
21.06.2012 - 20.01.2013

MACBA - Museu d’Art Contemporani de Barcelona
08001 Barcelona, Plaça dels Angels, 1
Tel: +34 93 412 08 10, Fax: +34 93 412 46 02
http://www.macba.cat/
Öffnungszeiten: Mo, Mi - Fr 11 - 20, Sa 10 - 20, So (ausgenommen Feiertage) 10 - 15 h, Dienstag geschlossen


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1 Posting in diesem Forum
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christian maryska | 09.10.2012 09:04 | antworten
in der ausstellung gibt es einen brief im zuge der vorbereitungsarbeiten aus wiener museum für angewandte kunst. weiss jemand wie die österreichische beteiligung genauer ausgesehen hat bzw. wer konkret daran teilgenommen hat?

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