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Der Kunstherbst kommt nach Berlin

Die Berliner Kunstszene bündelt ihre Kräfte und lädt zur Berlin Art Week Und plötzlich ist da wieder Berlin. Nach dem plötzlichen Tod des renommierten aber umsatzschwachen Art Forum Berlin im letzten Jahr und der zuletzt etwas lauen Galeristenmesse abc, kommt jetzt erneut Farbe in den Herbst. Fast vor kurzem noch als unvorstellbar gegolten hätte, war Anfang des Jahres auf einmal möglich: Die verschiedenen Fraktionen des Berliner Kunstbetriebs waren zur Kooperation bereit. So groß war offensichtlich die Not, dass die abc-Macher sogar bereit waren, eine gemeinsame VIP-Liste aller Beteiligten zu erstellen. Heraus kam die Berlin Art Week, die unter dem Dach der landeseigenen Kulturprojekte Berlin GmbH eine Vielzahl von Projekten bündelt. Dazu zählen nicht nur die beiden Kunstmessen abc und Preview, sondern auch Ausstellungen und Veranstaltungen in Museen, Kunstvereinen und anderen Institutionen. Das Budget der Gesellschaft ist vergleichsweise bescheiden: 250.000 Euro stehen für Marketing, Sammlerbetreuung etc. zur Verfügung; sie kommen zu gleichen Teilen vom Senat und der EU. 38 Veranstaltungen listet das offizielle Programm auf. Doch die wenigsten Institutionen eröffnen ihre Ausstellungen mit der Berlin Art Week. Dafür war die Vorbereitungszeit zu knapp. Die prominenteste Premiere dürfte die Neuhängung im Bunker von Sammler Christian Boros sein, für zahlende Gäste allerdings erst ab 17. September zu besuchen. Zu den noch in der Laufzeit öffnenden Ausnahmen zählt unter anderem die Akademie der Künste, die das lichtgrafische Spätwerk von Heinz Hajek-Halke präsentiert. C/O Berlin - ein privates Ausstellungshaus - eröffnete am 14. September "Common Places" des Fotografen Jörg Sasse. Der Neue Berliner Kunstverein (n.b.k.) zeigt seit 11. September Arbeiten der in Berlin lebenden Französin Agathe Fleury. Weitere beteiligte Institutionen sind die Berlinische Galerie, das Haus der Kulturen der Welt, KW Institute for Contemporary Art (Kunstwerke), die Nationalgalerie, der Verein der Freunde der Nationalgalerie und die Neue Gesellschaft für Bildende Kunst (NGBK). Hier wird das laufende Ausstellungsprogramm durch Diskussionen, Lesungen und Konzerte angereichert. Außerdem eröffnen viele der in die Hunderte gehenden Berliner Galerien mit ihren aktuellen Herbstausstellungen. Einige nutzten die Gelegenheit, neue Räume zu eröffnen. Aurel Scheibler ist von Mitte ans Schöneberger Ufer gezogen, in ein Gebäude, das früher schon die Galerien von Ferdinand Möller und den Brüdern Nierendorf beheimatete. Johann König feiert schon mal Open House in seinem neuen Domizil, der ehemaligen Sankt Agnes Kirche in Kreuzberg. Zu sehen gibt es allerdings keine Kunst, abgesehen von dem Mariebild, das der Architekt Werner Düttmann selber gemalt hatte. Alexander Duve ist von Bahnhofsnähe ebenfalls nach Kreuzberg übersiedelt, in ein ehemaliges Fabrikgebäude. Eine der rührigsten Figuren im Betrieb ist der Galerist Kristian Jarmuschek, der gleichzeitig Gründer der Messe Preview ist, sich in einem Hangar des ehemaligen Flughafen Tempelhof einquartiert hat. Als Einsteigermesse für Emerging Art hatte der Satellit des verschiedenen art forum berlin immer mit Qualitätsproblemen zu kämpfen. Das ändert sich gerade. Wo früher ganz bunte Kunst sehen war, bieten jetzt einige Kunsthochschulen ihren Künstlern ein Forum. Das Format soll ausgebaut und auf einen zweiten Hangar erweitert werden. Auch bei den Galerien tut sich etwas. ASPN aus Leipzig ist nach einer Pause wieder dabei und zeigt unter anderem schön spröde Skulptur der Künstlergruppe FAMED. Bei der erst zwei Jahre alten Galerie Gloria Berlin, die sich auf raumbezogene Arbeiten fokussiert, sind die überzogenen Drahtgebilde von Axel Anklam zu finden. Auch wenn es am Erscheinungsbild der Messe einiges zu tun gibt, hat sie sich doch als feste Größe in der Stadt etabliert. Noch sind nicht alle mit im Boot. Die Berliner Liste, ein zweite Satellitenmesse mit Tradition, taucht auf der Homepage der Berlin Art Week nur unter "Weitere Termine" auf. Die Mitmach-Messe, auf der auch Künstler mit ihren eigenen Werken auftreten dürfen, muss sich nach einem Besitzerwechsel wohl erst noch bewähren. Auch der Landesverband Berliner Galerien (LVBG) zählt nicht zu den offiziellen Partnern. In Zukunft sollen mehr Partner in die Veranstaltung eingebunden werden. Die Museen wollen ihre Eröffnungen auf den Termin abstimmen, und es soll eine Jury geben, die darüber bestimmt, welche Events ins Programm aufgenommen werden. Aber vielleicht sollten die Berliner erstmal zusehen, dass sie die Veranstaltung mit den bestehenden Teilnehmern ordentlich aufstellen. Die Auftaktveranstaltung in einem ehemaligen Schwimmbad in Prenzlauer Berg, versprühte jedenfalls wenig Charme.
Mehr Texte von Stefan Kobel

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