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Eine Zierde

Die Saure-Gurken-Zeit ist auch nicht mehr das, was sie einmal war. Das Ausstellungseröffnungsverbot in den Monaten Juli und August wird von Institutionen quer durchs Land missachtet; und zuletzt platzte noch eine Meldung von wahrhaft bedeutender Tragweite in das eh schon nicht mehr vorhandene Sommerloch: Das Parkhaus Donaumarina, so war dem „Standard“ zu entnehmen, verfüge nun über „ein Schüttbild von Hermann Nitsch“. In einer PR-Meldung des zuständigen Immobilienentwicklers wurde dessen Geschäftsführer zitiert: „Wir hatten schon lange überlegt, wie wir unsere Kunstaffinität auch auf die Gebäude, die wir entwickeln, übertragen.“ Und Nitsch selbst sagte angeblich: „Dank der modernen Technologie ist es möglich, Kunstwerke großformatig auf riesige Wände zu bringen. Ich habe gesehen, dass meine Arbeit sich besonders dafür eignet.“ Beglückt schien auch jemand, der in einem Promo-Video als „Gründungsdirektor der Nitsch Foundation“ bezeichnet wurde. „Heute ziert er mit seinem Werk das Entrée eines Parkhauses“, freute sich der junge Mann für Herrn Nitsch. Wer hätte dem Wiener Aktionismus damals, in den 1960er-Jahren, eine spätere Karriere in der Ausstattung von Einrichtungen für den motorisierten Individualverkehr prophezeit? Das 300 Quadratmeter große Bild ist natürlich kein „Schüttbild von Hermann Nitsch“, sondern bloß ein schleißiger Druck, wie ein Lokalaugenschein am umtosten Gebäude ergibt: Die Farben verschwimmen und glänzen, an manchen Stellen erscheint das Rot rosa. Nirgendwo ein Hinweis darauf, um welches Gemälde es sich überhaupt handelt, dessen Kopie hier so hübsch das Parkhaus dekoriert. Jetzt ist Nitsch nicht der erste, der seine Malerei derart aufblasen lässt; schon lange vorher tat die Wiener Städtische mit ihren Ringturm-Transparenten Gemälden, unter anderem von Christian Ludwig Attersee, dasselbe an. Blöderweise glauben manche Unternehmen anscheinend, dass es sich bei derartigen Aktionen um so was wie Kunstsponsoring handle. Das zeigt bloß eines, nämlich, dass sie nicht gut beraten werden. Allerdings: Etablierte Künstler wie Nitsch oder Attersee hätten es nicht nötig, ihre Kunst derart verhunzen zu lassen. Man fragt sich bloß: Was kommt als nächstes? Müllverbrennungsanlagen?
Mehr Texte von Nina Schedlmayer

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