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Walter Pichler 1936 - 2012

Unabhängigkeit war ihm das Wichtigste überhaupt. Von Freunden kein Geld borgen, von der Obrigkeit keine Subventionen nehmen. Seine Skulpturen hat er prinzipiell nicht verkauft, auf Reisen für Ausstellungen hat er sie nur selten geschickt. Der Kunstmarkt war ihm suspekt und seine Skulpturen waren in dem eigens für sie konstruierten, gebauten und jedes Jahr aufs Neue mit Lehm ausgekleideten Umfeld am besten aufgehoben. In St. Martin im südlichen Burgenland hatte sich der Künstler seit 1972 ein Refugium aufgebaut und immer wieder erweitert. Walter Pichler war kein Einsiedler, schon gar kein Eigenbrötler. Die Kirche als Auftraggeber war ihm ebensowenig Option als irgendwelche Banken. Verkauft hat er lediglich Zeichnungen, damit hat er die aufwändig und ausschließlich selbst geschaffenen Behausungen seiner Skulpturen finanziert. Gelebt hat Pichler von seiner Arbeit als als Graphiker und Illustrator der Cover für den Salzburger Residenz Verlag, später für Jung & Jung. Doch es gab ein Leben vor St. Martin. Die Wende dahin hätte „sehr persönliche, private Gründe“ gehabt, gab Pichler im Gespräch mit Sabine Breitwieser einmal zu Protokoll, „und dann war auch dieser Optimismus irgendwie gebrochen“. Auch das war der 1936 in Deutschhofen/Südtirol geborene und an der Wiener Hochschule für angewandte Kunst ausgebildete Pichler, ein wichtiger Protagonist der 60er Jahre in Wien. In der Galerie nächst St. Stephan zeigte er in seiner ersten Ausstellung mit Hans Hollein 1963 visionäre Architektur, 1969 realisierte er dann mit Christian Ludwig Attersee (und einem gemeinsamen Starschnitt-Foto im Centerfold des Kataloges) „Österreichs Stolz“. Entwürfe, wie der „TV-Helm“ oder die pneumatische Skulptur „Großer Raum“ firmierten als „Prototypen“. Realisiert und bei der von Peter Noever geleiteten Firma Svoboda in Serie gegangen ist hingegen sein Sessel „Galaxy“. Das Rehabilitationszentrum Meidling wurde mit dem Möbel ausgestattet und anlässlich der Eröffnung ließ sich der Bundespräsident Franz Jonas darauf nieder. Bekannter wurde das Stück allerdings durch Arnulf Rainer, der sich darauf 1968 für das Plakat und den Katalog seiner Ausstellung im Museum des 20. Jahrhunderts von Christian Skrein ablichten ließ. Von Skrein, dem Fotochronisten Wiens 60er Jahre stammt auch das legendäre Gruppenportrait „Wir nicht“. Walter Pichler ist seit heute nicht mehr. Österreich hat seinen Exponenten stiller Größe verloren.
Mehr Texte von Daniela Gregori

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