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Ed Ruscha - Reading Ed Ruscha: Existentielle Ironie

Der Kunst-Superstar aus den U.S.A., Ed Ruscha, hat mit der Ausstellung „Reading Ed Ruscha“ eine fulminante Schau seines bisherigen Schaffens von 1969 bis in die unmittelbare Gegenwart vorgelegt. Manche der ausgestellten Werke waren noch nie zu sehen, und kommen direkt aus dem Atelier des Künstlers ins Kunsthaus Bregenz. Der Fokus auf das Buch bzw. das Lesen als umfassende Kulturtechnik erweist sich als Brennglas, in dem die künstlerischen Bestrebungen Ed Ruschas besonders deutlich werden. Die aktuelle Ausstellung hat etwas von einer gediegenen Retrospektive, die der Künstler selbst ganz wesentlich bestimmt hat. Gezeigt werden rund 120 Arbeiten. Nachdem Ed Ruscha vor dreieinhalb Jahren zugesagt hat, die Ausstellung zu machen, hat er, so Direktor Yilmaz Dziewior, 95% der Ausstellung selbst bestimmt. Dazu hat er zwei Jahre seiner Schaffenskraft investiert. Ein unbezahlbares Engagement, wenn man bedenkt, dass seine Werke in allen wichtigen Sammlungen in Amerika, Europa und in Asien hängen, sogar Barack Obama hat sich für das Weiße Haus einen Ed Ruscha angeschafft. Im ersten Stockwerk finden sich die legendären Künstlerbücher, wobei das Kunsthaus sämtliche Künstlerbücher aus dem Schaffen Ed Ruschas zusammentragen konnte. Die Bücher selbst sind in Glasvitrinen, aber der Besucher kann sich durch I-Pods wischen, und so den Inhalt genau nachvollziehen. An der Wand finden sich, großformatig ausgeführt, 51 gerahmte Seiten aus einem Künstlerbuch des Romans von Jack Kerouac „On the Road“. Hier wird deutlich, dass die Bewegung, das zur Kunst gewordene „Road Movie“ für Ruscha sehr wichtig ist. „Every Building on the sunset strip“ etwa zeigt sämtliche Gebäude auf dem „Sunset Strip“ in Los Angeles, dem Domizil des heute 75 jährigen Künstlers. Ed Ruschas Kunst ist vor allem von den großen amerikanischen Kunstströmungen der 60er und 70er Jahre geprägt, die da sind Konzeptkunst und Pop Art. Sein Verhältnis zur traditionellen Religion wird in dem Acrybild „In the beginning“ besonders deutlich. Hier greift der Künstler, vielleicht unbewusst, den Beginn des Johannesevangeliums auf, wo es heißt „Im Anfang war das Wort“. Bei Ed Ruscha folgt auf das Wort vom Anfang nur eine leere Bildfläche, eine markante Metapher für die Abwesenheit Gottes. Der zweite Stock zeigt Gemälde, die horizontale Streifen aufweisen, die an Mark Rothko oder Barnett Newman erinnern, wobei Ed Ruscha den Streifen alles Gestische ausgetrieben zu haben scheint. Dann sind hier auch Bilder von Landschaften, auf die leere, horizontale Streifen geklebt sind, und zwar genau so breit, dass ein unten angeführter Spruch in diese Streifen hineinpasst. In diesen Buchtiteln, die der Besucher selbst auf das Bild projizieren muss, kann sich schon mal tiefe Lebensweisheit artikulieren, wie zum Beispiel der Satz „Do as told or suffer“ (Mach es, wie man es dir gesagt hat oder leide). Ins Auge fallen auch großformatige Acrylbilder, auf die Ed Ruscha Bücher gemalt hat. Es sind jene Bücher, die eine/r auf die berühmte einsame Insel mitnehmen würde, ohne die für ihn menschliches Leben unvorstellbar wäre, dazu zählen ein Atlas, ein Tagebuch und die Bibel. Der dritte Stock ist die sogenannte „Belle Etage“ des Kunsthaus Bregenz, weil sie wesentlich höher ist als die unteren beiden Stockwerke. Für diesen abschließenden Stock hat Ed Ruscha riesige Formate geschaffen, und zwar die Abbildungen von aufgeschlagenen Büchern. Das ganze hat natürlich etwas von existentieller Ironie, die Bücher sind riesengroß, aber unbenutzbar, weil zweidimensional gemalt, die ganze Tradition, die alten Geschichten der Menschheit, stehen uns heutigen zwar vor Augen, aber es scheint der Gegenwart unmöglich geworden zu sein, sie zu lesen.
Mehr Texte von Wolfgang Ölz

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Ed Ruscha - Reading Ed Ruscha
07.07 - 14.10.2012

Kunsthaus Bregenz
6900 Bregenz, Karl Tizian Platz
Tel: +43 5574 48 594-0, Fax: +43 5574 48 594-8
Email: kub@kunsthaus-bregenz.at
http://www.kunsthaus-bregenz.at
Öffnungszeiten: Di-So 10-18, Do 10-20 Uhr


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