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Joel Sternfeld - Farbfotografie seit 1970: Farbe und Konzept

Walker Evans bezeichnete die Farbfotografie einst als „vulgär“ und noch 1980 beschrieb Roland Barthes sie als „unnötige Schminke“, welche die wahren Spuren eines fotografischen Bildes übertünche. Farbe als fotografisches Stilmittel wurde lange in die Domäne von Werbe- und Amateurfotografie verbannt. Dann, in den 1970er Jahren, vollzog sich zunächst in den USA die Anerkennung der Farbfotografie als Kunstform. In Gang gebracht wurde dieser ästhetische Emanzipationsprozess von jenen experimentierfreudigen Fotografen, die herausfinden wollten wie sich der American-Way-of-Life in den Aufnahmen von Menschen, Landschaften und Städten widerspiegelte. Neben William Eggleston war es u.a. der um fünf Jahre jüngere Joel Sternfeld, der zu einem wichtigen Vertreter der sogenannten New Color Photography avancierte. 11 seiner Serien, entstanden zwischen den frühen siebziger Jahren und 2007, touren seit gut einem Jahr durch Europa. Nach Essen, Amsterdam und Berlin machen sie nun in der Albertina Station. Im Zentrum steht dabei das bislang unveröffentlichte Frühwerk des Künstlers mit den Serien “Nags Head”, “Happy Anniversary Sweetie Face!” und “Rush Hour”. Während der “entscheidende Augenblick” Cartier-Bressons und Egglestons knallige Farbigkeit hier gleichermaßen als Vorbilder durchsickern, entfaltete Sternfeld erst später, mit “American Prospect” (1979 – 1983), eine eigenständige Bildsprache. Kaum zu glauben, dass sich eine Aufnahme wie die des Feuerwehrmannes in orangefarbener Schutzmontur, der seelenruhig orangefarbene Kürbisse begutachtet, während im Hintergrund des Bildes ein Haus brennt, keiner Inszenierung verdankt. Sternfelds Interesse gilt aber nicht nur solch kuriosen Vorkommnissen, die das Leben selbst bereithält. In Serien wie „Stranger Passing“ (ab 1987) fällt sein Blick sozialtypologisch aus. In „Walking The High Line (2000-2001) und „Oxbow Archive“ (2005-2007) nimmt er das Verhältnis zwischen Natur und Kultur ins Visier. Einen konzeptuellen Zugang zur Dokumentarfotografie lässt die Serie „On This Site“ (1993-96) erkennen. Nur anhand der Begleittexte erfährt man, welche Verbrechen an den menschenleeren Orten stattgefunden haben. Die Verschränkung von Bild und Text kennzeichnet auch „Sweet Earth“ (2006), eine Serie über alternative Lebensgemeinschaften. Das geniale Spiel mit Farbe sowie das Absurde im Alltäglichen, das für das Frühwerk ebenso prägend ist wie für sein Opus Magnum „American Prospect“, ist hier einem politisch motivierten, ästhetisch etwas sprödem Konzept gewichen. Bedauerlicherweise.
Mehr Texte von Manisha Jothady

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Joel Sternfeld - Farbfotografie seit 1970
27.06 - 07.10.2012

Albertina
1010 Wien, Albertinaplatz 1
Tel: +43 1 534 83 -0, Fax: +43 1 533 76 97
Email: info@albertina.at
http://www.albertina.at
Öffnungszeiten: Tägl. 10-18h, Mi 10-21 h


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