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Art and Activism in the Age of Globalization

Zwischen Selbstevidenz und Ignoranz Für den Umgang mit dem Zusammenhang zwischen Kunst und Aktivismus lassen sich grob zwei Tendenzen ausmachen: erstens die totale Ausblendung im Mainstream der Kunstgeschichte. Dass Jacques-Louis Davids „Ballhausschwur“ ohne die soziale Bewegung der Französischen Revolution auch formal so nie hätte entstehen können, oder die Institutionskritik ohne die Protestbewegungen der 60er Jahre, ist dort bis heute denkunmöglich. Man hat dementsprechend kein Handwerkszeug entwickelt, um den Einflüssen jenseits früherer und/oder anderer Kunstwerke und der Blicke ihrer bürgerlichen RezipientInnen auf die Spur zu kommen. Die zweite Tendenz besteht in der völligen Affirmation in manchen poststrukturalistischen Theorieansätzen. Hier entsteht bisweilen der Eindruck, als wären Kunst und Aktivismus nur zwei Momente im Strom des Begehrens und als gebe es keine strukturellen Hürden zwischen Menschen, Motiven und Methoden aus Kunstproduktion und Sozialbewegung. Zur zweiten Tendenz gehört etwa der Theoretiker Brian Holmes, der auch im Band „Art and Activism in the Age of Globalization“ vertreten ist. Darin sagt er der Kunst erneut nach, sie habe das Zeug dazu, das soziale Begehren in kollektive Namen zu verwandeln und insofern als „a modell, a possibility for others“ (274) zu dienen. Aber Holmes stellt nur eine Position neben vielen anderen im Band dar. Andere versuchen sich gerade an Alternativen zu den gerade skizzierten Trends, und das macht zweifelsohne die Stärke des Buches aus. Art und Activism werden darin nicht durchgehend als selbstverständlich miteinander verkoppelt begriffen, sondern ihre wechselseitigen Verknüpfungen werden als erklärungsbedürftig verstanden. Zu Recht, denn der Großteil des legitimen Kunstschaffens hat schließlich mit Aktivismus auch nichts zu schaffen. Neben dieser grundsätzlichen Erklärungsoffenheit sei es vor allem die gegenwärtige „new world order“, so einer der Herausgeber, Karel Vanhaesebrouck, die eine „redifinition of art“ (249) erfordere. Denn gerade im Hinblick auf aktivistische oder allgemein kritische Ansätze innerhalb des Kunstfeldes sei die Diskrepanz zwischen Diskurs und Praxis selten größer als gewesen als heute. Politische Kunst sei omnipräsent, aber so wirkungslos wie nie. Warum alte Konstellationen („Subversion“) unter Bedingungen der Globalisierung nicht mehr funktionieren, diskutiert der Band ebenso wie aktuelle künstlerische Beispiele (Etcétera, Schlingensief, Urban Activism, u.a.). Die kommen dann keineswegs alle schlecht weg und ebnen u.a. den Weg für die dringend notwendige, dritte Tendenz zwischen Ignoranz und Selbstevidenz. Die politischen Antworten auf die festgestellte Diskrepanz variieren zwischen Verteidigung und Ausbau der relativen Autonomie der Kunst (Lieven de Cauter) (14) und der Forderung nach konsequenter Vernetzung zwischen künstlerischem und sozialem Aktivismus (BAVO) (289). Lieven de Cauter/ Rubben de Roo/ Karel Vanhaesebrouck: Art and Activism in the Age of Globalization. Reflect #8. Rotterdam 2011 (Nai Publishers).
Mehr Texte von Jens Kastner

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