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Die Textilmustersammlung Emilie Flöge: Tracht’n Mode

An formaler Exzentrik, Aufwendigkeit der Schnitte und farbenfroher Mustervielfalt standen die Trachten vieler Völker den modischen Hochstilisierungen und handwerklichen oder technischen Möglichkeiten der Oberschicht keinesfalls nach, zumindest dann, wenn man die Festtagstrachten ins Auge fasst. Und es gehört wohl zu den alten Spielregeln, dass beide hin und wieder von einander abschauen – pardon: sich inspirieren lassen, d.h. Anregung bekommen für eigene Entwicklungen und zeitgemäße Adaptionen. Zwei Ausstellungs-Settings reflektieren dieses modische Faszinosum derzeit in Wien, einmal die Variante vor 100 Jahren, einmal höchst aktuell. Der Modesalon „Schwestern Flöge“ war ab 1904 modisches Zentrum für die Damen der Wiener Gesellschaft und Emilie Flöge die inspirierende Persönlichkeit dabei – sowohl was die „klassische“, von Frankreich beeinflusste Mode betraf als auch in Sachen Reformkleider. Nachweislich befand sich im Eingangsbereich des Salons – mit einer Ausstattung der Wiener Werkstätte und zeitgemäß in strengem Weiß und Schwarz gehalten – eine Vitrine mit einer Sammlung von Stickereien, Bändern, Borten und Spitzen, die zum überwiegenden Teil aus der Westslowakei stammten. Ein Konvolut von 360 Stücken wurde zuletzt vom Österreichischen Museum für Volkskunde erworben – und nachdem Emilie Flöge bekanntlich in engster Beziehung mit Gustav Klimt stand, bot sich nun dessen Jubiläumsjahr an, diesen Sammlungsaspekt zu beleuchten. Denn, so wird hervorgehoben, es sind nicht die außergewöhnlichen Einzelexemplare dieser Sammlung, sondern der Kontext und der zeitgenössische Umgang mit – sagen wir folkloristischen – Elementen im Fin de Siècle: Sie waren in gewisser Weise „in“. Man bezog sich auf sie, umgab sich mit ihnen zitathaft. Das sieht man den meisten der Stücke dieser Sammlung insofern an, als es sich um fokussierte Relikte handelt – die Stickereien und Spitzen wurden aus Blusen, Schürzen etc, herausgeschnitten und so für etwaige Weiterverwendung als Blickfang oder Applikation im eigenen Design freigestellt. Man scheute auch nicht davor zurück, einzelne Motive aus Bändern, Spitzen oder größeren Musterungen herauszuschneiden. – Aus heutiger Sicht eine bunte Mischung aus Up-Cycling, Down-Cycling und Recycling, je nach Blickwinkel. Erhalten ist kaum ein Kleidungsstück, das auf diese Weise eine Stickerei eingearbeitet hat. Allerdings bietet ein Foto von Emilie Flöge ein bestes Anschauungsbeispiel für die prominente Einfügung einer s-w Stickerei aus Rybany (Slowakei) in ein Reformkleid von 1913. Hundert Jahre später ein anderes Szenario. Was zur Zeit Emilie Flöges eindeutig und ausschließlich als Kopfbedeckung einer Schwarzwälderin zugeordnet wurde – knalligrote Bommeln üppig drapiert auf einer Hutscheibe auf dem Kopf zum hochgeschlossenen Dirndlleib und voluminöser Puffärmelbluse – toppt nun ein schmales, schwarzes Tupfenkleid mit prallem Rosendesign auf der Brust – eine Kombination von Susanne Bisovsky aus der Kollektion Mitgift 3. Oder selbige Bommeln werden farbig derart umdisponiert, dass sie selbst an zarte Rosen erinnern, nun aber über dem Haupt zu einem Bouquet arrangiert sind als Kontrast zu strengem Schwarz (Kollektion Frida). Bisovsky pickt gekonnt Details alter Trachten heraus, hat ein gutes Auge für spannende Silhouetten, daher auch vorwiegend Schwarz als Basisfarbe, was auch einem zeitgenössischem Geschmack reizvoll ist, inkl. High Heels. Definitiv ist bei Bisovsky auch: Frauen tragen Röcke. Ein PS – ohne zugehörige Ausstellung und ohne namhafte DesignerInnen zu zitieren: Thema Jeans, von klassisch Blue bis künstlich stonewashed, um den Worn Look zu erzielen, oder Goldfaden bestickt bzw. mit „Diamanten“ besetzt für die Party. More? Click here. www.forbes.com/2005/11/29/most-expensive-jeans-cx_sy_1130feat_ls.html nur Slideshow www.forbes.com/2005/11/29/cx_sy_1130featslide.html?thisSpeed=35000 Ausstellung Susanne Bisovsky MITGIFT Kunsthalle Wien Museumsquartier project wall 04. Mai 2012 - 06. Jänner 2013 www.kunsthallewien.at
Mehr Texte von Aurelia Jurtschitsch

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Die Textilmustersammlung Emilie Flöge
25.05 - 02.12.2012

Volkskundemuseum Wien
1080 Wien, Laudongasse 15-19
Tel: +43 1 406 89 05, Fax: +43 1 408 53 42
Email: office@volkskundemuseum.at
http://www.volkskundemuseum.at
Öffnungszeiten: Di-So 10-17 h


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