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Manfred Wakolbinger - Up From The Skies: Von Himmelsstürmern und Tiefseetauchern

Die unter dem Label Zeit Kunst Niederösterreich neu adaptierte Landesgalerie in der Dominikanerkirche Krems zeigt während der Sommermonate eine Retrospektive des österreichischen Künstlers Manfred Wakolbinger. Rechtzeitig zu seinem sechzigsten Geburtstag sind in dem säkularisierten Kirchenbau Skulpturen, Fotografien und kurze Filmsequenzen aus dem Werk des in der Steiermark geborenen, aber in Niederösterreich lebenden Künstlers zu sehen. Auf dem Weg durch die Kirche entdeckt der Besucher frühe Arbeiten aus den 80er Jahren, die an Hand von Spachtelputz und Kupfer universale Fragen nach dem Wesen der Skulptur stellten. Es geht dabei um Überlegungen von Aussen- und Innenräumen und um die Schaffung von Gehäusen. Die Oberfläche dieser verborgenen Räumlichkeiten ist nur eine plane betonierte Fläche und gibt nichts von den inneren schillernden Geheimnissen eines Kupferüberzugs Preis.

Wakolbinger, der ein ausgebildeter Werkzeugbauer ist und sich als Kunstinteressierter Zugang zur Kunsthistorie verschaffte, ist ein Künstler der primär seinem Werkstoff verpflichtet ist. Kupfer ist und bleibt sein Material wie wir das auch in seinen jüngsten Werken sehen können. In seinen künstlerischen Anfängen stellte Wakolbinger auch Fragen nach dem Sockel in der Skulptur. Thematisiert wird dies unter anderem in den doppelwandigen geschwungenen Kupferblechen, die ohne den sie ummantelnden Glaskörper gar nicht stehen könnten. Wakolbinger legt sich hier mit zentralen Traditionen der Skulptur an, die von einer Spiel- und Standbeinstellung der menschlichen Figur ausgingen. Davon kann bei seinen Kupferwesen unter Glas nicht mehr die Rede sein.

Dass Walkolblingers Plastiken allmählich wesenhafte Züge bekommen, sieht man im weiteren Verlauf seiner Entwicklung. Zwischen 2001 bis 2008 entstehen die sogenannten „Placements“ und „Travellers“. Dabei handelt es sich um Kupferskulpturen die teilweise in gedeckten Farben lackiert sind und wie eine organische Form am Boden entlang mäandern – Placements – oder hoch aufgerichtet mit einer Art Kopf auf mehreren Beinen den Raum durchschreiten - Travellers. Einige dieser Stücke sind auch in Krems zu sehen. Unter anderem werden auch Videosequenzen gezeigt, wo diese Artefakte in Landschaften eingeschrieben sind. Es ist ein Spiel mit Möglichkeiten, dass Wakolbinger hier treibt, nach dem Motto: „Was wäre wenn, hier im Wüstensand eine Skulptur stände? Wie würde sie sich zur Umgebung verhalten und diese zu ihr.“ Diese Inserts sind für den Betrachter etwas unheimlich, da man manchmal nicht sicher ist ob es sich um echte Abbildungen oder Manipulationen handelt. Diese Verführungen sind künstlerisch intendiert. Künstlerische Einschreibungen in räumliche Situationen sind aber als künstlerische Praxis auch nicht neu. Schließlich entdeckt man in Krems Wakolbinger jüngste Werke, die sogenannten „Forces“. Es handelt sich dabei um Kupferskulpturen mit spermienartigem Aussehen. Eine Art großer eiförmiger Kopf ruht auf mehreren Beinen. Diese Wesen sind übermannshoch und tummeln sich in Krems in der hallenartigen Apsis. Es ist eine Anhäufung von „Forces“, sodass das Durchschreiten für den Besucher schwierig ist. Ein lackiertes Kupferrohr windet sich vom Boden bis zur Decke und scheint zu fliegen zu beginnen. Die Inszenierung wirkt wie ein viriler Sturm im himmlischen Jerusalem, eine mögliche Zuschreibung einer nach Osten ausgerichteten Apsis.

Kurz sei noch der Videobereich erwähnt, wo Unterwasserfotografie von Wakolbinger gezeigt wird. Seine Aufnahmen der Meereslebewesen sind hinlänglich bekannt. Auch von der dabei entstandenen Zusammenarbeit mit dem österreichischen Autor Christoph Ransmayr weiß der Kunstinteressierte. Vor kurzem ist im Springer Verlag ein neues Buch zu Unterwasserfotografien von Manfred Wakolbinger erschienen.

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Unter der Oberfläche/ Under the Surface
Mit Beiträgen von Christoph Ransmayr und Wolf D. Prix
Wakolbinger, Manfred (Hrsg.) 2012
180 S. 250 Abb. in Farbe. Brosch.
ISBN 978-3-7091-1074-4

Mehr Texte von Susanne Rohringer

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Manfred Wakolbinger - Up From The Skies
03.06 - 14.10.2012

Landesgalerie für zeitgenössische Kunst
3500 Krems, Dominikanerkirche Krems, Körnermarkt 14
Tel: +43 2742 90 80 90
Email: office@zeitkunstnoe.at
http://www.zeitkunstnoe.at/


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