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DURCHBLICK. Jenaer Glas, Bauhaus und die Küche als Labor: Glück in Glas

Das Material war prädestiniert für die Formgebung des Bauhauses: transparent, nahezu beliebig formbar, preisgünstig - und nun auch noch hitzebeständig. Die auf Initiative von Walter Gropius zustande gekommene Kooperation von Gestaltern wie Gerhard Marcks und Wilhelm Wagenfeld mit dem progressiven Industriellen Erich Schott war das, was man sich immer gewünscht hatte: Kunst, Handwerk und Industrie als produktive Einheit, zum Nutzen des Konsumenten. Für den Haushalt von Lieschen Müller und Otto Normalverbraucher hieß das zum Beispiel, dass das im Glastopf zubereitete Essen geschirrsparend direkt im formschönen Kochgerät auf die neusachliche Tafel gebracht werden konnte und dort eine ebenso eins A Figur machte wie die durch die Bereitung schonend gegarter Nahrung gertenschlank gebliebene Hausfrau oder der kochende moderne Junggeselle. Die Werbegrafik lieferte mit László Moholy-Nagy ein weiterer Bauhäusler, dessen Fotografien für Jenaer Glas Zeugnisse einer lebenslangen Faszination von Entmaterialisierung, Spiegelung und Transparenz sind. Kaum mag man angesichts des in Moholy-Nagys Grafik so schwerelos daherkommenden Dreißiger-Jahre-Alltags glauben, dass hinter dem gläsernen Tisch-Kaffeebereiter und der stereometrischen Wagenfeld-Teekanne schon die Fratze Hitlers herrschte: Auf einem Prospekt aus dem Jahr 1936 ist die "feuerfeste Portionsform" vor dem Berliner Olympia-Stadion zu sehen. Moholy-Nagy emigrierte bald in die USA, das Kriegsende brachte einen Exodus der Glasindustrie in den Westen. Am neuen Standort Mainz waren neben Wagenfeld Gestalter wie Heinrich Löffelhardt und der Industriefotograf Albert Renger-Patzsch für Schott tätig, aber auch in Jena sicherte man sich mit Ilse Decho eine der besten Designerinnen der DDR. Die sehenswerte Zusammenstellung von Haushaltsgegenständen aus Jenaer Glas, ergänzt von Werbegrafik und Filmmaterial, fügt sich thematisch perfekt in die gläserne Kassenhalle der PSK. Traurig stimmt nur, dass 2005 die Produktion eingestellt wurde.
Mehr Texte von Iris Meder †

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DURCHBLICK. Jenaer Glas, Bauhaus und die Küche als Labor
15.05 - 18.08.2012

WAGNER:WERK Museum Postsparkasse der BAWAG P.S.K.
1018 Wien, Georg-Coch-PLatz 2
Email: m.pasterk@signa.at
http://www.ottowagner.com
Öffnungszeiten: Mo-Mi, Fr 8-15, Do 8-17:30, Sa 10-17 Uhr


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