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Die Kunstmesse als Aufregungslieferant

Kunstmessen sind für GaleristInnen ziemlich aufregend - nicht aufregender als andere Messen für andere Berufsgruppen auch, aber GaleristInnen sind nun einmal etwas aufgeregter als sagen wir InstallateurInnen. Manchmal sind diese speziellen Aufregungen auch berechtigt, denn Kunstmessen haben z.B. meistens einen Beirat, der sich gerne streng und konsequent gibt. Daher die galeristische Erstaufregung - bin ich als Aussteller dabei, bin ich also akzeptiert. Aber lassen wir jetzt einmal die Nichtakzeptierten/Abgelehnten bei unserer Aufgeregtheitsaufzählung weg, denn diese nehmen ja nicht an der Messe teil und sind ob der Ablehnung ohnehin so aufgeregt, dass da nichts mehr drüber geht. Die nächste Aufregung der Akzeptierten wird der Frage gewidmet sein, welchen Messestand diese auf welchem Platz haben. Da finden die ersten Aufgeregtheitseskalationen statt. Wie kann es der Beirat wagen, ...(totale Aufregung). Und ob man es glaubt oder nicht, der Beirat wagt. Die nächste Aufgeregtheit gilt dann den auszustellenden Werken - und vor allem der Aufregungsbewältigung der dabei nicht berücksichtigten Galerie-KünstlerInnen. Da prallen dann Aufregungswelten aufeinander, dass nur so die Funken sprühen. Dann beginnen die alltäglichen eher kleineren Aufregungen - z.B. welche Spedition soll man nehmen, soll man Werbung machen oder nicht, wer verdient eine Preview-Einladung und bei wem genügt schon eine für die Vernissage usw. usw. Wenn diese Aufregungen endlich bewältigt sind, beginnen die Aufgeregtheiten nach Eintreffen auf dem Messestand - da wackeln z.B. ganz gerne die Wände, das Licht hat einen gelblichen Blaustich, der Boden wellt vor sich hin und des Nachbars Bilder sind ohnehin meist eine Zumutung. Und über die Frage, ob genug Leute kommen werden, kann man sich fast so aufregen wie über den voraussichtlichen Erfolg oder Miss-. Und wenn dann die Messe endlich begonnen hat, beginnen ja erst die Aufregungen so wirklich. Da wagt doch z.B. tatsächlich ein Kaufinteressierter über den Preis verhandeln zu wollen. Oder nichts regt einem so auf wie ein guter Freund, der die unzumutbaren Bilder des Nachbarn sehr aufregend findet, von dem Reservierer eines Kunstwerkes für eine Stunde gar nicht zu reden, der dann wie vom Messeboden verschluckt nie mehr wieder auftaucht, wo man doch gerade in dieser einen Stunde die Skulptur 5x hätte verkaufen können. Aber wie ist das Leben plötzlich schön, wenn nach der 134sten Aufregung, ein hysterisch aufgeregter Kunstfreund, den man ohnehin schon seit vorigem Jahr nicht mehr ausstehen kann, in die Messekoje stürmt und mit Schaum vor dem Mund hervorröchelt, welche unglaubliche Unverschämtheit es doch wäre, den Regenschirm in der Garderobe abgeben und auch noch ? 1,35 dafür bezahlen zu müssen. Da breitet sich dann beim Betrachten dieser Aufgeregtheit ein wohliges Lächeln im Seelenleben des Galeristen aus und er weiß wieder, dass es doch noch so etwas wie eine Gerechtigkeit gibt.
Mehr Texte von Manfred M. Lang

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