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Lange Weile hier, fetziges Vergnügen da

Die Satellitenmessen zur Armory 2012 bieten ein uneinheitliches Bild Die Lage ist nahezu überall gleich: Mittlerweile gruppieren sich um eine Leitmesse diverse kleinere, die an der Aufmerksamkeit, die dem Hauptereignis zuteil wird, teilhaben möchten. In New York ist das nicht ganz so massiv wie in Miami und Miami Beach, zumal die „Pulse“ sich entschieden hat, parallel zur ersten Ausgabe der „Frieze“ in New York (4.-7.Mai) stattzufinden, aber der Besucher der Felseninsel zwischen Hudson und East River findet doch einen bunten Strauß von Begleitmessen vor. Da wäre zum Beispiel die 24. Jährliche Art Show des amerikanischen Kunsthändlerverbandes, der heuer mehr denn je Aussteller zu Lasten der Armory anzog. Im historischen Gebäude der Park Avenue Armory (mit Original-Fenstern von Tiffany) gab es in der Tat Hochkarätiges zu sehen. Jedoch zeichnete sich die vornehme, weiß-grau gestaltete Schau, horribile dictu, durch jenen feinen Hauch von langer Weile aus, den viele fälschlich für Kulturgenuss halten. Da braucht es schon eine Galerie wie Regen Projects aus Los Angeles, die mit den filigranen Extravaganzen eines Elliot Hundley optische Knaller serviert. Ansonsten zeigten Galerien wie Mitchell, Innes & Nash (New York) mit Roy Lichtenstein, Alexander Calder und Kenneth Noland in nuce das, was die Art Show insgesamt ausmacht: Hohes Niveau, aber alles irgendwie längst bekannt. Ein Lichtblick auch die Pace / Mac Gill Gallery, NYC, die nur Fotos von Wolken zeigte. Ein thematisch kuratierter Stand, eine willkommene Ausnahme. Bestritten wurde die Kojen-Schau von Kalibern wie Robert Adams, Richard Misrah, Diane Arbus. Und, ja, man versicherte dem artmagazine.cc: „Wir haben recht gut verkauft. Die Messe ist für uns gut gelaufen.“ Verkauft war auch ein Mandala von John McCracken bei der Elkon Gallery (NY), und, bei CRG Galleries (NY) explodierende Blumensträuße – die von Ori Gersht fotografierten. Gelobt, in den höchsten Tönen, von den Messewanderern in Manhattan wurde die Independent auf der 22. Straße. Der Eintritt ist hier frei (!). Der Eindruck war frisch und fruchtig, eine der cutting-edge zugewandte Messe mit einigen Einsprengseln. Schnittkantenkunst zeigten u. a. die „International Art Objects Galleries“ aus Los Angeles, zum Beispiel Pae Whites Installation (variabel dimensionierbar) „Professional“. Und man war zufrieden mit dem Erfolg: „It’s been good. New York makes you happy.“ Zu den Einsprengseln zählte die Galerie Susanne Zander aus Köln mit Outsider-art. Sie lobte: „Es läuft sehr gut. Eine tolle Messe mit Spitzen-Publikum.“ Ein Verkaufsrenner war, bei White Columns (NY), Jeremy Dellers Druck mit Schrift im Rahmen: „God bless David Bowie“, das 50 Mal über den Tresen ging, je um 1500 Dollar. Na bitte ... Die „Goldene Mispel“ für das verquerste Katalog-Konzept geht mal wieder an die Volta. Diese Einladungs-Affäre mit ausschließlich Solo-Präsentationen gegenüber dem Empire State Building verteilt einen leeren Ordner, an den Kojen konnte man sich dann ein Blättchen abgreifen und einlegen. Erinnert irgendwie ans Pfandflaschensammeln … Und es lohnte kaum. Zwischen Kunst von Verstörten und Sachen, bei denen man sich fragte: Ist das Kunst oder kann man das wegwerfen? Gab es nur wenige Glanzlichter. Die stachen dann aber besonders hervor. Etwa Peter Holst Henckel bei der Galerie Specta aus Kopenhagen. Ein monumentales Werk fotografischer Natur erwies sich als atemberaubender, wörtlicher Totentanz: Soignierte Herren in tänzerischer Umarmung mit Skeletten. Ein gültiger Kommentar zu den Zeitläufen. Beachtlich auch die Gesamtinstallation „Über das Begehren“ von Carina Lange bei Jarmuschek+Partner (Berlin), und die Malerei, so voll barocken Überschwangs, von Asgar / Gabriel bei der Wiener Brotkunsthalle. Dazu noch Kerstin Drechsels Verarbeitung von Alltagskultur (Vane, Newcastle upon Tyne) und, ganz besonders, die Galerie Vartai aus Vilnius mit den abgedrehten Zeichnungen von Mindaugas Lukošaitis, die sich zwar gut verkauften, aber zu billig waren, um den Mann wirklich zu nähren. Aber immerhin. So richtig kommt die Volta mit dem Allerwertesten nicht hoch, Messen mit ausschließlich Solopräsentationen sind eben problematisch; da macht wohl nur das „Solo Project“ in Basel eine Ausnahme. Lebendig und fetzig wie stets in den vergangenen Jahren wirkte wieder die Scope. Mit 60 ausstellenden Galerien (plus allerlei Petersil) eher übersichtlich, machte sie Spaß ohne Ende, sozusagen. Gut im Geschäft seit geraumer Zeit auf der Scope ist v. Braunbehrens aus München, der Videokästen von Marck verkaufte, Konfekt von Peter Anton (um 5000 Dollar das Stück) und vier Figuren von José Cobó. Galeriechef Axel Zimmermann zum artmagazine.cc: „Super Besuch! Super Verkäufe – der Wahnsinn.“ Bei Arch 402 (London) fiel Simon Burton (um 18.500 Dollar) auf, der neue Interpretationen des Alltagsgenres schafft, mit einem Hauch Verlorenheit und Melancholie. Aus Australien kam Dianne Tanzer und setzte sich für Reko Rennie ein, ein „aboriginal artist“, der aber modern arbeitet und ästhetisch nicht in der Traumzeit kleben geblieben ist. Da ist Potenzial zu spüren. Witzenhausen (Amsterdam und New York) boten 3D-Fotos von Jeff Ross an. Die überraschenden Arbeiten koste im größeren Format um 12.000 Dollar, um die 4.500 Dollar im Kleinformat. Sehr originell wieder die Red Truck Gallery aus New Orleans. Sie war u. a. mit Brian Cunningham da (Werke mittleren Formats um 1600 Dollar), der, neben anderen dingen, auch weiterhin seine Santeria-Kreuze macht. Wie hartnäckig alte Kunst ins Zeitgenössische hineinregiert (wegen der überzeugenden Lösungen natürlich), kann man auch im Werk der Gruppe Generic Art Solutions (bei Mindy Solomon aus St. Petersburg, FL) sehen, die etwa fotografisch Davids „Marat“ nachstellt. See you in Basel – denn da findet die Scope ja auch statt. Die Messen: The Art Show www.artdealers.org/artshow.html Independent www.independentnewyork.com The Volta Show NY www.voltashow.com Scope NY www.scope-art.com
Mehr Texte von Gerhard Charles Rump †

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