Gesche Heumann,
Munkácsy - Magic & Mystery: Tiefe des Ruhms, Höhe der Oberfläche
Jeder Maler kann davon eingeholt werden, dass seine Bilder ihre Kunst verlieren und späteren Betrachtern pupsig und pompös mehr Stoff zum Lästern bieten als zum Lob.
Die Biographie des ungarischen Malers Mihály Munkácsy liest sich wie ein klassischer Maler-Roman. 1844 in bildungsferne Verhältnisse geboren und früh verwaist, wird Munkácsy zunächst Tischler, dann aber von Freunden gefördert, er kommt an die Münchner Akademie, später nach Paris und Düsseldorf und erhält die akademische Salonmalerei-Ausbildung. Die frühen Arbeiten zeigen braungraue, naturalistische Interieurszenen mit sozialkritischem Engagement. Großartig ist die Szenerie im „Leihaus“ mit verschiedenen Protagonisten, zu denen auch portraithafte Vorstudien gezeigt werden, etwa „Der Bohéme“, ein elegant ausstaffierter Herr mit Zylinder und ausweichend gesenktem Blick (1873).
Munkácsy erweist sich als demütiger Arbeiter, der alle Bilder minutiös vorbereitete und sich für „Golgatha“, eins seiner drei berühmten Monumentalgemälde über die Passionsgeschichte, sogar selbst an ein Kreuz binden ließ, um die Schmerzhaftigkeit angemessen wiedergeben zu können. Diese Bilder werden exklusiv zu dritt präsentiert. Und man sieht an ihnen, dass ein Vergleich mit Makart für Makart nicht vorteilhaft ausgehen würde. Munkácsy regiert das Licht klar und kühl, verzichtet auf grelle Primfarben und schafft eine verhalten brodelnde, rostfarbene Atmosphäre, die mit Blau und Weiss verklammert wird. Der Blick auf einzelne Figuren lohnt – so steht wunderlich verharrend ein Mann mit Leiter und Beil neben den drei Gekreuzigten. Eigentlich könnte er Feierabend machen, wird aber von dem honigfarbenen Haar der trauernden Magdalena aufgehalten, während die übrige Menge der Schaulustigen nach links weggeht. Für den zeitgenössischen Betrachter müssen diese Bilder gewirkt haben wie ein Scorsese-Film für uns heute.
Munkácsy´s Ruhm erreicht einen Höhepunkt mit dem Deckenbild „Apotheose der Renaissance“ im KHM. Daneben hatte er Kontakt zu Millet und war in Barbizon – und malt mit „Staubiger Weg II“(1890) ein impressionistisch aufgelöstes Steppenbild, das auf Augenhöhe mit Turner agiert. Aber dann finden sich zahlreiche, den Kitsch willig rammende Salonbilder mit wespentaillierten Grazien, Mopsbabies und lustlos geschludertem Stilmobiliar, die dasselbe leisten wie heute eine illustrierte Homestory. Das in den 1890er Jahren entstandene Portrait des Malers (Hans Temple) zeigt einen tuffig frisierten, elegant seine Pinsel über der Sessellehne balancierenden Salonmaler im Anzug und mit silbrigen Nadelstreifen auf hellblauen Strümpfen, und wenn ein Biopic über diesen von seinem Talent und Ruhm verschlungenen Maler gemacht würde, sollte man unbedingt Leonardo di Caprio für die Hauptrolle avisieren.
Munkácsy starb nach zwei Jahre dauernder, geistiger Umnachtung 1900 in der Heilanstalt Bonn-Endenich. Niemand kann sagen, er habe ein langweiliges Malerleben gehabt.
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Munkácsy - Magic & Mystery
31.03 - 03.06.2012
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1010 Wien, Karlsplatz 5
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