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Klimtokratie

So Geburtstags- oder Todestagsjahrestage von Künstlern haben es schon in sich. Kaum haben wir das ausgeschlachtete Mozartjahr akustisch übersättigt überlebt, terrorisiert unsere Augen heuer der 150ste Geburtstag von Gustav Klimt mit einem Überangebot von sezessionistischen Jugendstilentblößungen am laufenden Band. In Form von unbestritten genialen aber doch schon sehr schonungsbedürftigen Zeichnungen und mit dekorativ goldigen Bildern. Es hat derzeit den Anschein, dass kein Museum in Wien, das etwas auf sich hält, es sich leisten könnte, nicht alles Klimtische in größtmöglicher Anzahl auszugraben. Wie schön wärs gewesen, wenn die Albertina nicht 170 teilweise so lala Zeichnungen von Klimt zeigen würde, sondern z.B. die Schaukonzentration nur auf die 20 allerbesten gelenkt hätte. Vielleicht wäre es dann gelungen, die durchschnittliche Betrachtungszeit von 24 Sekunden auf zumindest zwei Minuten auszudehnen. Aber die Fremdenverkehrswerbung wäre da sicherlich äußerst unzufrieden gewesen. Da gilt noch immer Quantität vor Qualität. Denn mit Klimt kann man in Wien schon einen ganzen Tag herausschlagen – vom KHM übers Belvedere, weiter ins Leopoldmuseum und von dort in die Albertina mit einem kurzen Schlenker ins Theatermuseum – da hängt zwar nur ein Bild von Klimt – dafür ist es aber ziemlich goldig. Und apropos – im Belvedere gibt’s derzeit ja auch noch die Ausstellung „Gold“. Dort ist zwar alles Gold was glänzt – aber Gold kommt da nicht unbedingt von gut. Aber was solls – Hauptsache der Kulturfremdenverkehrstross zieht zufrieden durch Wien und schwemmt Geld in die Kassen. Dann halten wir das schon alles aus. Und so lange die Fiakerpferderln nicht mit klimtmotivbestickten Decken am Rücken die Straßen verschandeln und die Einwickelpapierln von den Klimtzuckerln als Kultur-Devotionalien auf Nimmerwiedersehen in den Taschen der glücklichen Touristen verschwinden, ist ohnehin alles in Ordnung.
Mehr Texte von Manfred M. Lang

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