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Car Culture: Museumsreif eingeparkt?

Etwas verloren wirkt sie schon, wie bestellt und dann einfach nur schlecht eingeparkt, die rechtsgelenkte Hälfte von Alicja Kwades „Nissan (Parallelwelt 1 + 2)“: Der andere Teil des spiegelbildlich identischen Auto-Pärchens, von einem Amok-Läufer aus der Szene der jugendlichen Linzer Koma-Säufer vor laufender Handy-Kamera demoliert, wartet derweil in einer Werkstatt auf seine Wiedervereinigung. Was in der Zwischenzeit mehr als bedauerlich und kein guter Auftakt für den künstlerischen Auto-Salon „Car Culture“ des Lentos Kunstmuseum Linz ist. Vom Karlsruher ZKM unter Peter Weibel konzipiert, sieht sich die Ausstellung in Idee und Ausführung zudem bedenklich tiefer gelegt. Wo zuvor die „Medien der Mobilität“ weiterführend und wortreich beschworen worden waren, ist man jetzt der klischierten Phrase vom „Auto als Skulptur“ verfallen. Die Symbolfigur der motorisierten Fortbewegung ist auf die Formalitäten zwischen Hülle und Haube reduziert, oder auch: Was sich Künstler „mit einem Augenzwinkern“ (Pressetext) so alles zum Thema einfallen lassen. Der Lack ist zumindest im durch unablässige Ausstellungen bedenklich mitgenommenen Boden des großen Saals teilweise ab. Was dem Gesamteindruck der Show aber nur gut tut und ihr den unbestimmten Charme von wildem Parken in ebenso verwilderten Hinterhöfen verleiht. Anstelle der „Prunkkarossen“ aus den Versuchslabors der Weltmeister (Elmgreen & Dragset oder John Chamberlain), setzt man in Linz auf einen ungewohnt heimischen Bezug, was dann zu ebenso unverständlichen Mehrfach-Nominierungen führt. So ist Hannes Langeder mit zwei seiner bestenfalls kuriosen Vehikel der Entschleunigung doch etwas überrepräsentiert. Im Gegenzug wurde die Frauenquote rein rechnerisch beibehalten. Neben der bemühten Arbeit von Michaela Mélian wäre es eben vor allem Alicja Kwade (gewesen), die „Car Culture“ auf die Hebebühne einer wirklich aktuellen Diskussion geführt hätte: Ihr automobiles Duo – beide Nissans werden von der Künstlerin und ihrem Gefährten Gregor Hildebrandt auch fernab des regulären Ausstellungsbetriebs gefahren – spricht gerade im Spiegelbild des verschrammten rechten bzw. linken Kotflügels vom ganz anderen Paralleluniversum des wirklich wahren Lebens: der Liebe, deren Scharten und den Verletzungen rund um ein vermülltes Innenleben. So aber bleibt bei einem unvorhergesehenen Besuch ein eher leistungsschwacher Eindruck. Und auch Franz Ackermanns Skulptur eines flugbereiten VWs aus der phantastischen Welt der RAF hängt entkräftet von der Decke des Durchgangs, wie Gimme Gummi von Hofmann, Moises, Schatzl lustlos in den Seilen seiner Expander-Verspannung vor dem Museum. Schade eigentlich.
Mehr Texte von Stephan Maier †

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Car Culture
02.03 - 04.07.2012

Lentos Kunstmuseum Linz
4020 Linz, Ernst-Koref-Promendade 1
Tel: +43 70 7070 36 00
Email: info@lentos.at
http://www.lentos.at
Öffnungszeiten: täglich außer Mo 10-18 Uhr, Do 10-21 Uhr


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