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Kunst-Stoff. Textilien in der Kunst seit 1960: Alles, nur nicht grundiert

In der Tat, Textilien begleiten den Menschen gleichsam von der Windel bis zum Leichentuch ein ganzes Leben hindurch. Doch hat der Betrachter wirklich einen leichteren Zugang zu künstlerischen Arbeiten, deren Werkstoff ihm durch den Alltag vertraut ist? Diese These sei dahingestellt. In „Kunst-Stoff – Textilien in der bildenden Kunst seit 1960“ in der Städtischen Galerie Karlsruhe geht es nun um Gewebtes, Gewirktes, Gehäkeltes, Gefilztes, Geknüpftes, Gesticktes oder sonstig von der Faser zum Textilen Verbundenes, - wenn es nur nicht mittels einer Grundierung zur Malfläche umfunktioniert und damit zur konventionellen Leinwand wurde. Ins Zentrum der Ausstellung rücken dabei ein großes Kissenbild von Gotthard Graubner, eine große Leinwand von Sigmar Polke (beides ungrundiert, versteht sich), eine große Arbeit von Robert Morris, eine Skulptur von A.R.Penck, einer der Anzüge von Josef Beuys (aus Filz), ein hängendes Objekt von Reiner Ruthenbeck und eine Installation von Franz Erhard Walter, kombiniert mit einem Strickbild von Rosemarie Trockel und einer Stoffcollage von Louise Bourgeois. Themenausstellungen haben es generell schwer. Das Feld ist oft zu weitläufig, um es flächendeckend zu bearbeiten, auf klare Grenzen oder gar eine leitende These wird gerne verzichtet, und so verlieren sich derlei Ausstellungen bisweilen in einer etwas belanglosen Präsentation dessen, was es so alles gibt: ein paar große Namen, einige Newcomer, ein bisschen Humor, ein wenig Kritisches, etwas Gender darf in der kruden Mischung freilich auch nicht fehlen und selbstverständlich achtet man bei derlei Unterfangen auf die Frauenquote. Diesbezüglich ist man in Karlsruhe nachgerade vorbildhaft dabei, sodass man im Katalog von 20 Künstlerinnen berichten kann, ebenso viele Männer sind auch mit von der Partie. Eine genauere Betrachtung der Arbeiten lassen dann den Schluss zu, dass die Herren der Schöpfung eher arbeiten lassen, die Damen hingegen sich an der traditionellen Rolle im Allgemeinen und an der Nadelei im Besonderen abarbeiten. Als Erkenntnis ist das nicht wirklich neu und angesichts des zentralen Raums vertraut man in der Ausstellung dann doch eher den Namen als den Intentionen der beteiligten Künstler. Eine Arbeitsteilung haben auch VALIE EXPORT, Ingrid Wiener und Dieter Roth vollzogen. Das Weben von Gobelins war den beiden Damen nach ihrer Ausbildung an einer Wiener Textilfachschule zum Brotberuf geworden, Ingrid Wiener hat ihn auch später für ihre künstlerische Arbeit beibehalten. Für „Bertorelli B“ in den Jahren 1974/76 entstanden, diente eine benutzte Leinenserviette als Vorlage. Die Webstruktur, die eingebügelten Falten, die fleckigen Zeichen des Gebrauches, die Filzstiftkritzelein des Künstlers, die Signaturen der Beteiligten, all das findet sich neben dem von einer „Fachkraft“ aufgestickten Namenszug des Titel gebenden Restaurants auf dem meisterhaft gewebten Stück. Auf der Werkbeschriftung findet man es eine Bemerkung wert, dass Dieter Roth, als Karl-Dietrich geboren wurde. Klar, die Frauen sind ja nie als die geboren, die sie später sind. Also kann man auf nähere Angaben verzichten.
Mehr Texte von Daniela Gregori

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Kunst-Stoff. Textilien in der Kunst seit 1960
12.11.2011 - 12.02.2012

Städtische Galerie Karlsruhe
76135 Karlsruhe, Lorenz­­­­straße 27
Tel: +49 721 133-4401 /-4444
Email: staedtische-galerie@karlsruhe.de
https://staedtische-galerie.de/
Öffnungszeiten: Mi-Fr 10-18, Sa, So 11-18 h


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