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Wintermärchen - Winter-Darstellungen in der europäischen Kunst von Bruegel bis Beuys : Schnee und Raum

Wer hat schon einen Wolf mit Heiligenschein gesehen? Im KHM ist es möglich, bis zum 8. Jänner 2012 in der großen Ausstellung „Wintermärchen“. Der heilige Wolf von Agubbio, gemalt von Luc-Olivier Merson 1877, bekommt im Bild gerade ein schönes Stück Fleisch von einem Fleischhauer und wird von einem Kind gestreichelt. Nach der Legende gelang es Franz von Assisi, den Wolf, der die Stadt wildernd heimgesucht hatte, zu zähmen. Merson malte Schnee auf die Straße von Agubbio, und Schnee ist auch auf vielen anderen Bildern zu sehen. Es gibt auch eine Legende, Maler und ihnen nachfolgend Kunsthändler könnten für Schneebilder mehr verlangen, sozusagen Frostbeulenzuschlag. Weiters existiert die Legende, der Winter sei der größte Maler, da er binnen kurzer Zeit alles mit weißer Farbe – Schnee – zudecken könne. Was muss also der Maler, der den Schnee malt, berücksichtigen? Er sollte wissen, wie er Schnee im Nahen und in der Ferne so malt, dass das Bild zu erkennen gibt, wie die Landschaft unter dem Schnee aussieht. Franz von Stuck hat sich mit einem frierenden Pan im Schneesturm glänzend aus der Affäre gezogen – der Sturm mit wirbelndem Weiß ist überall und scheint den bocksbeinig zitternden Pan zu verschlucken („Verirrt“, 1891). Andere Maler setzen Schlaglichter wie Jan Asseljin in seiner im Helldunkel-Grau aufgebauten „Winterlandschaft mit Jägern auf einer Brücke“ (1647), oder R. Wenig durch die Laterne, die die „Nächtliche Schlittenfahrt König Ludwigs II. am Ammergebirge“ (1880) erleuchtet. Schnee als Zeichen für unwirtliche Kälte verstärkt aber auch das Drama des Massakers (Breughels Kindermord, Hersents Mönche, die eine ausgeraubte Familie am St. Gotthard retten). Sogar eine Kreuzigung wird in den Schnee verlegt (Karel van Mander). Die trotzigen Leistungen von Hannibal bis Bonaparte in puncto Alpenüberquerung (Turner, David) und Russlandfeldzug (Meissonier) werden gewürdigt, bis die Impressionisten, allen voran Claude Monet, den Schnee als Lichtkristalle zu eigener, zauberhaft schöner Erscheinung bringen – besonders Monets Eisschollen (1893). Kuratiert von Ronald de Leeuw und mit über 180 Kunstwerken handelt es sich um eine Ausstellung, die man aus malerischen Gründen keinesfalls versäumen sollte – obwohl der Ausstellungsparcours ein wenig vollgestopft erscheint und man die unter Berücksichtigung der Möblierung eingezogenen Zusatzwände beklemmend finden kann genauso wie die Enge in den Kabinetten unerfreulich. Aber vor der Erfindung von Zentralheizung und Straßenbahnen war der Winter etwas, das unter Umständen zum Zusammenrücken nötigte – darüber hat Rubens ein schönes Bild mit echter Stallwärme gemalt („Winter“, 1618). Um jahrhundertealter virtueller und echter zeitgenössischer Stallwärme teilhaftig zu werden, ist man derzeit jedenfalls im KHM gut aufgehoben.
Mehr Texte von Gesche Heumann

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Wintermärchen - Winter-Darstellungen in der europäischen Kunst von Bruegel bis Beuys
18.10.2011 - 08.01.2012

Kunsthistorisches Museum
1010 Wien, Burgring 5
Tel: +43 1 525 24 0
Email: info@khm.at
http://www.khm.at
Öffnungszeiten: Di-So 9.00-18.00


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