Werbung
,

World Press Photo 2002: Sind Bilder unschuldig?

Zum siebenten Mal macht die Ausstellung der prämierten Fotos des World Press Photo-Wettbewerbs in Wien Station. Seit 1955 wählen unabhängige, internationale Jurys für die in Holland beheimatete Stiftung World Press Photo die besten Bilder eines Jahres aus. Bewertet werden jeweils Einzelfotos und Fotoserien aus neun Kategorien: Harte Fakten, Menschen in den Schlagzeilen, Porträts, Kunst, Sport, Natur und Umwelt, Wissenschaft und Technologie, Alltagsleben sowie Reportage. Wie nicht anders zu erwarten, beherrschen die Fotos vom Terroranschlag auf das World Trade Center und vom Krieg in Afghanistan die Kategorien \"Harte Fakten\" und \"Menschen in den Schlagzeilen\". Das muss wohl so sein, auch wenn man Bilder wie die vom Einschlag der zweiten Maschine ins WTC oder von der Erschießung eines gefangenen Taliban nie wieder zu sehen braucht, so tief haben sie sich in die Netzhaut eines jeden eingebrannt, der 2001 Zugang zu den Medien hatte. Das besonders, da die prämierten Fotos dem Kanon der tradierten Berichterstattung über Terror und Krieg genau entsprechen. Zur richtigen Zeit am richtigen Ort zu sein ist eine Sache, bei der Schilderung die richtige Tonlage zu treffen eine andere. Die mit dem ersten Preis der Kategorie \"Porträts\" ausgezeichnete Fotoserie des Briten Tim Hetherington über eine Blindenschule in Sierra Leone schrammt tief ins kolonialistische Klischee von den armen blinden Negerkindern. Wie konnte das der Jury von World Press Photo nur entgehen? Schwierig ist auch die Wahl des Fotos des Leichnams eines kleinen afghanischen Flüchtlingsjungen zum World Press Photo des Jahres. Diese Entscheidung fiel wohl aus dem Bedürfnis heraus, den Bildern der vielen Toten des 11. September fairerweise etwas entgegen zu halten, das Sympathie für die unschuldigen Opfer der Gegenseite weckt. Leider hat die Jury übersehen, dass ein Bild nie für sich alleine steht, sondern immer in dem Kontext beurteilt wird, in dem es erscheint. Indem die Juroren das intime Dokument einer familiären Trauerfeier voyeuristisch voranstellten, nahmen sie ihm, wofür es stehen sollte: die Unschuld.
Mehr Texte von Andrea Winklbauer

Werbung
Werbung
Werbung

Gratis aber wertvoll!
Ihnen ist eine unabhängige, engagierte Kunstkritik etwas wert? Dann unterstützen Sie das artmagazine mit einem Betrag Ihrer Wahl. Egal ob einmalig oder regelmäßig, Ihren Beitrag verwenden wir zum Ausbau der Redaktion, um noch umfangreicher über Ausstellungen und die Kunstszene zu berichten.
Kunst braucht Kritik!
Ja ich will

Werbung
Werbung
Werbung
Werbung

World Press Photo 2002
17.10 - 10.11.2002

Westlicht
1070 Wien, Westbahnstrasse 40
Tel: +43 1 522 66 36 - 0, Fax: +43 1 523 13 08
Email: info@westlicht.com
http://www.westlicht.com
Öffnungszeiten: Di, Mi, Fr 14-19, Do 14-21, Sa, So, Fei 11-19 h


Ihre Meinung

Noch kein Posting in diesem Forum

Das artmagazine bietet allen LeserInnen die Möglichkeit, ihre Meinung zu Artikeln, Ausstellungen und Themen abzugeben. Das artmagazine übernimmt keine Verantwortung für den Inhalt der abgegebenen Meinungen, behält sich aber vor, Beiträge die gegen geltendes Recht verstoßen oder grob unsachlich oder moralisch bedenklich sind, nach eigenem Ermessen zu löschen.

© 2000 - 2024 artmagazine Kunst-Informationsgesellschaft m.b.H.

Bezahlte Anzeige
Bezahlte Anzeige
Gefördert durch: