Werbung
,

Arnulf Rainer - 25.700,54 cm²: Kunst-Stück Face Farces

1970 wurden erstmals Arnulf Rainers Face Farces ausgestellt, überzeichnete Selbstporträts, die der Künstler mittels eines Fotoautomaten am Wiener Westbahnhof angefertigt hatte. Animiert durch die Auseinandersetzung mit der Kunst und der dieser zugrunde liegenden Befindlichkeit Geisteskranker, begann Rainer 1968 mit physiognomischen Abartigkeiten der eigenen Mimik zu experimentieren. Über Stunden nahm er den Automaten in Beschlag um durch theatralisches Verzerren des Gesichts ganze Serien von Grimassen zu schaffen, die er in Folge überarbeitete um den gewollten Ausdruck zu verschärfen. Erst Jahre später ersetzte er die Maschine durch einen Fotografen. Demgegenüber hat die Situation des sich in den Fotomaten Begebens ein originäres Moment: Der Künstler macht sich selbst zum Objekt, er liefert sich selbst dem Automaten und dem nicht punktgenau vorhersehbaren, aber entscheidenden Aufblitzen während der Aufnahme aus. Dieses Ausgesetztsein und zugleich in einen heterotypen Raum Eingeschlossensein mag mit der (interpretierten) Situation von Geisteskranken in ihrer sogenannten gesunden Umwelt korrespondieren. Rainer invertiert in diesen frühen Face Farces das Porträt in vielfacher Hinsicht. Das Passfoto, das nach objektiven Kriterien Individualität definieren soll, mutiert zu einer Typologie abseits der Norm und ist einer rein subjektiven Empfindsamkeit subordiniert. Durch die Überarbeitung mit Schwarzstift und Graphit intensiviert Rainer den verfremdenden Effekt. Zugleich entsteht durch das Lineament der Zeichnung eine eigenständige mediale Ebene, die auch als ästhetische Qualität jene der Fotografie überlagert und mit ihr ein energetisches Spannungsverhältnis eingeht. Arnulf Rainers frühe Face Farces, insbesondere die überarbeiteten Automatenfotos, sind nicht nur originär und grundlegend im seinem Oeuvre, sondern vermitteln explizit jene Unmittelbarkeit des kraftvollen Ausdrucks, der den Wiener Aktionismus charakterisiert.
Mehr Texte von Margareta Sandhofer

Werbung
Werbung
Werbung

Gratis aber wertvoll!
Ihnen ist eine unabhängige, engagierte Kunstkritik etwas wert? Dann unterstützen Sie das artmagazine mit einem Betrag Ihrer Wahl. Egal ob einmalig oder regelmäßig, Ihren Beitrag verwenden wir zum Ausbau der Redaktion, um noch umfangreicher über Ausstellungen und die Kunstszene zu berichten.
Kunst braucht Kritik!
Ja ich will

Werbung
Werbung
Werbung
Werbung

Arnulf Rainer - 25.700,54 cm²
21.10.2011 - 25.02.2012

Galerie Ruberl
1010 Wien, Himmelpfortgasse 11
Tel: +43 1 513 19 92, Fax: +43 1 513 77 09
Email: galerie@ruberl.at
http://www.ruberl.at/
Öffnungszeiten: Di-Fr 13-18 h
und nach Vereinbarung


Ihre Meinung

Noch kein Posting in diesem Forum

Das artmagazine bietet allen LeserInnen die Möglichkeit, ihre Meinung zu Artikeln, Ausstellungen und Themen abzugeben. Das artmagazine übernimmt keine Verantwortung für den Inhalt der abgegebenen Meinungen, behält sich aber vor, Beiträge die gegen geltendes Recht verstoßen oder grob unsachlich oder moralisch bedenklich sind, nach eigenem Ermessen zu löschen.

© 2000 - 2024 artmagazine Kunst-Informationsgesellschaft m.b.H.

Bezahlte Anzeige
Bezahlte Anzeige
Gefördert durch: