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Gut gehütet

Manchmal beauftragt mich das deutsche „Handelsblatt“ mit Ausstellungsberichten. Da die Wirtschaftszeitung eine, wie die Redakteurin gerne betont, „zahlenaffine Leserschaft“ hat, sollten in diesen Artikeln Preise genannt werden. Als ich jüngst wieder um ein Review gebeten wurde, versuchte ich zunächst, die Preise der ausgestellten Kunstwerke in Erfahrung zu bringen. Von Seiten der Institution erklärte man sich – wie häufig – für unzuständig. Die Stammgalerie reagierte auf meine Mails schlichtweg nicht. Schließlich fragte ich bei der Pressekonferenz die Künstlerin selbst. Diese wollte zwar Auskunft erteilen, wusste aber über die Preise für ihre Kunst selbst nicht so genau Bescheid. Als sie ihren Assistenten fragte, wurde dieser plötzlich pampig – verriet aber, auf das Nachbohren der Künstlerin hin und sichtlich unwillig, schließlich doch die Summen. „Wir geben Preise nur an Sammler weiter, nicht an die Presse“, erklärte er verärgert. Ähnlich verstimmt reagieren viele, wenn man sie um den monetären Wert der Kunst fragt. Viele Galeristen erklären, dass sie dazu „leider keine Auskunft“ geben können. Bei der vorigen Viennafair stellte ich mich bei einer blutjungen, überaus engagierten Händlerin aus Istanbul als Journalistin vor und erkundigte mich nach den Preisen der ausgestellten Ware – nachdem sie mir diese mitgeteilt hatte, wollte sie nachträglich telefonisch verhindern, dass die Summen publiziert würden. Derlei sei „unprofessionell“, erklärte sie. Eine Kollegin von ihr erklärte mal, dass die Preise des von ihr vertretenen Biennale-Künstlers völlig „uninteressant“ seien, als ich telefonisch nachfragte. Was beabsichtigt man mit dieser Geheimniskrämerei eigentlich? Wovor fürchtet man sich bloß – vor Dieben, Einbrechern, Neidern, der Kronen Zeitung oder gar dem Finanzamt? Auktionsergebnisse werden doch auch veröffentlicht! Oder ängstigt man sich davor, dass die Kritik dann auf die Inhalte der Kunst pfeift und sich darauf beschränkt, ausschließlich die Preise zu rapportieren? Offensichtlich fürchte man einen Verlust an Aura, sobald die Kunst auf ihre ökonomische Dimension abgeklopft wird. Dabei ist ohnehin jedem Galeriebesucher, jeder Galeriebesucherin klar, dass das dort präsentierte Angebot nicht für einen warmen Händedruck zu haben ist. Letztlich führt diese Verschämtheit nur in die Irre: Teilen die Galerien keine Verkaufspreise mit, so orientiert man sich an Auktionsergebnissen. Freilich sagen diese nur etwas über einen punktuellen Marktwert aus. Der tatsächliche findet sich gut gehütet in den MacBooks der Galeristen und Galeristinnen.
Mehr Texte von Nina Schedlmayer

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