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Nader Ahriman - Die Hegelmaschine trifft die Weltseele: Philosphische Mechanomorphien

Die Galerie Krinzinger hat (wie den meisten bekannt sein dürfte) ihre Heimstatt in der Seilerstätte im ersten Wiener Gemeindebezirk. In geringer Entfernung davon liegen die Hegelgasse sowie die Schellinggasse, die man auf dem Weg in die Galerie durchaus streifen könnte. Die Architektur des durchschrittenen Weges scheint offenbar nichts mit den Namen der Philosophen gemein zu haben, vielleicht liegt dies aber auch im Auge der jeweils betrachtenden Person. In den Räumen der Galerie Krinzinger sind dann jedenfalls Werke zu sehen, die durch ebensolche Namen sozusagen symbolisch eingerahmt werden. Der Titel der Ausstellung bezieht sich auf ein fiktives Treffen von Hegel mit Napoleon. Hegel beschrieb Napoleon 1906 als die Weltseele, in einem Brief an einen Freund. In dem Collagenzyklus „die Hegelmaschine trifft die Weltseele“ sieht Napoleon Hegel vom Pferd aus an, Hegel grüßt artig. Dieses Treffen hat so nicht stattgefunden, Hegel beobachtete Napoleon von seinem Fenster aus, und gerade eben das Nichtbeachtet-Werden durch Napoleon ist in diesem Zusammenhang besonders wichtig. Das ist aber ein Bildzitat einer Abbildung von 1895 aus dem Harpers Magazine. Andere Themen der Ausstellung sind der Frage Verlaines, ob die Venus von Milo aus Marmor sei, oder dem Selbstbewusstsein gewidmet. Da wird dann aus Buster Keaton die Milo, was an die Fleischwerdung des Brotes erinnert und der verhinderte Alleineroberer Trojas, Achilles kämpft mit dem Flussgott Skamander. Newton wird nach Blake zitiert, der ja bekanntlich diesen als Symbol des wissenschaftlichen Materialismus ablehnte. Die Fußwaschung darf auch nicht fehlen, und am Ende betritt Napoleon oder wer nun eben gerade die Weltseele ist, Newtons absoluten Raum. Es ist möglich dass den Betrachtenden Walter Benjamin bei der Ansicht einfällt, so wollte dieser doch einst einen Text schreiben, der nur aus Zitaten anderer Werke zusammengestellt sein sollte. Ahrimans Bilder erinnern mancherorts an De Chirico, dort wieder an Picabia, oder auch an Philip Guston. Ein Arm, der statt Fingern Pinsel hat, kommt sowohl in den Bildern als auch als Skulptur in der Ausstellung vor, ein Wiederholungsphänomen mechanomorpher Art sozusagen. Es stellt sich die Frage ob es mehr die symbolische Deutung der Namen im Titel, die schier endlose Assoziationsmöglichkeit der Bildinhalte, oder gar das minutiöse Rekurrieren auf bereits erprobte Darstellungsmöglichkeiten ist, das besonders ins Auge sticht. Neue Kunst lässt sich nur in Beziehung zu dem Bestehenden realisieren, Hegel, Napoleon, Newton und Niethammer, die in der Ausstellung als Referenzen auftauchen, waren einst, sie existieren nunmehr als historische Fakten. Alles hier erinnert an Bibliotheken vergangener Gedanken, abgelegt für Geister, die sich noch an der wunderbaren Kraft des Vergangenen erfreuen können. Empfehlenswert ist es dann für jene, sich so früh wie möglich an die Bildbeschreibungen zu halten, ansonsten kann es mitunter passieren, dass sie auf dem falschen Pfad aus dem Bild heraus katapultiert werden. Aber vielleicht ist Verlaufen manchmal sogar gewinnbringender als Finden. Denn wer kann schon erahnen ob der Schatz am Ende des Regenbogens auch gefunden werden will.
Mehr Texte von Patrick Schabus

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Nader Ahriman - Die Hegelmaschine trifft die Weltseele
21.09 - 04.11.2011

Galerie Krinzinger
1010 Wien, Seilerstätte 16
Tel: +43 1 513 30 06, Fax: +43 1 513 30 06 33
Email: krinzinger@galerie-krinzinger.at
http://www.galerie-krinzinger.at
Öffnungszeiten: Di-Fr 12-18, Sa 11-14 h


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