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Karin Sulimma - In Memoriam: Freiheit von, Freiheit für

Eine der Freiheiten, die wir der Kunst zubilligen und von ihr einfordern, besteht darin, dass sie nicht Werbung für etwas Käufliches ist: Kunst wirbt um unsere Aufmerksamkeit und Phantasie, herauszufinden, was sie uns zu sagen hat. Sie will aber nicht, dass wir anschließend losgehen, um eine Lebensversicherung abzuschließen oder Zigaretten zu kaufen – ihr Gespräch ist nicht zielorientiert. In der Ausstellung der kürzlich schmerzhaft überraschend verstorbenen Künstlerin Karin Sulimma sehen wir zwei Lambdaprints auf Aluminium(O.T.), auf denen Puppen vor bzw. auf verschiedenen Arrangements abgebildet sind. Links stehen drei Puppen in heiterer Andacht um ein rotglänzendes Objekt, dessen Größe in Verhältnis zu den Puppen etwa so ist wie das eines großen Rennwagens zu Menschen. Die Puppen sind nackt, ihre Kopfbehaarung weist sie als jungmädchenhaft oder weiblich aus. Das Objekt mit einem nach hinten erhöhten Teil liegt dort einem Absatz auf und ist bei aller Phantasie nicht als Auto zu erkennen – sondern als Abguss von etwas. Im Gegenüber der Puppen entfaltet es eine monumentale Sinnlichkeit. Rechts sehen wir dieselben Puppen aus der Vogelperspektive auf einem Arrangement von rosafarbenen Blumen, die an Tortendekorationen der überbordenden Art erinnern, dazwischen sind einige Litschiblüten. Hier wirken die Puppen wie in ein nachdenkliches Gespräch dreier Forscher auf einer Exkursion in unbekanntem Gebiet verwickelt, die Blicke gehen nach unten. Auf einem dritten, kleineren und gerahmtem Foto sieht man lediglich den Oberkörper einer der Puppen vor einzelnen Mundplastiken. Wer spricht hier mit wem, und worüber? Was weiss man über die Gespräche der Parzen? Drei Zeichnungen aus der Serie „In the dialogue of the vessels“ zeigen in Diptychen fragile, mit rot und schwarzen Linien gezeichnete, botanisch oder anatomisch anmutende Verbindungselemente – rechts sind jeweils die Vorderseiten der Zeichnungen zu sehen, links dieselben Kompositionen deutlich schwächer von der Rückseite des Papiers, wodurch sich der Eindruck eines spiegelbildlichen Echos ergibt. Wir kennen die Wendung der „kommunizierenden Gefäße“, in denen ein Flüssigkeitspegel in verschiedenen, miteinander verbundenen Behältnissen dieselbe Höhe erreicht – dieselbe, aber nicht die gleiche. Die Geheimnishaftigkeit der Verbindung zwischen Aussage und Gegenstand werden auch in der Collage „gleich einem“ angedeutet. Über achtzehn quadratischen, veschieden perspektivierten Textfeldern, in denen offenbar von Kunst die Rede ist, fliegen ausgeschnittene Münder. Die Freiheit, die Kunst für alle ermöglicht, ist die der Entdeckung der ihr eigenen Sprache, die sichtbar wird außerhalb von Lauten, von Grammatik und Wörterbüchern. Es ist eine Sprache für unsere Sehnsucht. Sie ist frei und nicht begrenzbar.
Mehr Texte von Gesche Heumann

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Karin Sulimma - In Memoriam
11.08 - 30.09.2011

Galerie Area 53
1060 Wien, Gumpendorfer Straße 53
Email: thearea53@gmail.com
http://www.area53.name
Öffnungszeiten: geschlossen


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