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Roman Opalka 1931-2011

Nach mehreren hundert Leinwänden schienen sich die Arbeiten jenen anzugleichen, die vor Beginn des Lebenszeitprojektets „1965/1 - ∞“ entstanden sind, monochromen weiße Flächen. Die Ziffern waren kaum noch wahrzunehmen. Im avantgardistischen Streben der Moderne, Kunst und Leben zu vereinen, hatte der 1931 in Frankreich als Sohn polnischer Eltern geborene Roman Opalka, auf eine beinahe schwarz grundierte Leinwand in der linken oberen Ecke mit einem Pinsel der Stärke „0“ eine weiße 1 geschrieben, setzte die Reihe kontinuierlich fort um bei 35 327 dieses erste, wie er sie bezeichnet, „Detail“ zu beenden und am nächsten mit dem Zählen fortzufahren. Mit den Jahren wurde das Konzept, die Zeit im Bild festzuhalten, noch strenger formalisiert. Gleich groß sollten die Leinwände stets sein, der Grundierung von mal zu mal um 1% heller. Der Pinsel wird erst mit Farbe benetzt, wenn eine Zahl ausgeschrieben ist, ist ein Detail vollendet, wird am Malwerkzeug die erste und letzte Zahl der Leinwand vermerkt und als Teil der Arbeit aufbewahrt. Dokumentiert wird der Zeitraum des Entstehens durch die Tonaufnahme von Opalkas Stimme, der in seiner polnischen Muttersprache die jeweiligen Zahlen, die er mit feinen Strichen malt, gleichzeitig benennt. Hinzu kam am Ende eines jeden Arbeitstages ein fotografisches Selbstportrait, stets im weißen Hemd, stets mit dem gleichen neutralen Gesichtsausdruck. Während die Leinwände immer heller wurden, die immer größer werdenden Zahlen im Weiß untergingen, wurden auch die Veränderungen, die Lebenszeit mit sich bringt, festgehalten. Plante der Meister auf Reisen zu gehen, musste das Detail, an dem er arbeitete zuvor abgeschlossen werden, um sein Tun auf den sogenannten „Reisekarten“ im Papierformat fortzusetzen. Lässt sich Zeit besser visualisieren? Es wären stets besondere Momente, verriet der Künstler einmal in einem Interview, wenn er gleiche Ziffern hintereinander reihen könne. Fünfmal die 5, sechs mal die 6 waren bald absolviert, die Hoffnung der 7777777 hat sich nicht mehr erfüllt. Knapp drei Wochen vor seinem achtzigsten Geburtstag ist Roman Opalka während eines Urlaubes in Rom gestorben.
Mehr Texte von Daniela Gregori

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