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Markus Prachensky 1932-2011

Beim Treffen in seiner lichtdurchfluteten Wohnung im 6. Wiener Gemeindebezirk im Frühling 2003 wirkte der Künstler müde und vorerst etwas ungeduldig. Das Atmen fiele ihm schwer, die Dämpfe der Farbe von all den Jahren hätten seine Bronchien stark angegriffen und überhaupt er müsse ganz bald ins Atelier zum Arbeiten. Das Gespräch führte ganz unweigerlich zur Farbe, zu all den Reisen und den titelgebenden Destinationen, sodass Zeit kein Thema mehr war. Rot war die Farbe seines Lebens, das Reisen für seine Arbeit unabdingbar, ja, es bestimmte über lange Zeit seinen Jahresablauf. Nach der Beendigung einer Serie, gegen August, ging es auf Reisen, „um etwas aufzunehmen von der Welt, das hat man dann in sich“. Nach den ersten Skizzen wurden Bildideen fixiert, bis Februar/März war es mit einigen Arbeiten auf Papier soweit, wenn es dann an die Leinwände ging, war es auch schon wieder Sommer. Der Ausschuss war enorm, denn die Ausbrüche, die da auf der Leinwand passierten, wollten kontrolliert sein, der Affekt gesteuert. Vielleicht ist es die kraftvolle Geste des Informel, die da auf die Rationalität eines Tektonikers traf. In der eigenen Vorstellung waren er und seine drei Freunde zu Beginn Outlaws, Gesetzlose, in der Wahrnehmung der Anderen waren sie wohl die Vier von der österreichischen Avantgarde und in der heimischen Kunstgeschichte darf man sie getrost als die Väter der Nachkriegsmalerei bezeichnen. Bereits während seines Studiums der Architektur hatte sich Markus Prachensky mit Wolfgang Hollegha, Josef Mikl und Arnulf Rainer angefreundet. Als auch das Malereistudium abgeschlossen war, tat man sich 1956 trotz oder eben wegen unterschiedlicher Ansätze und Positionen zur Gruppe „Galerie St. Stephan“ zusammen. Allen Vier war eine außerordentliche künstlerische Karriere beschieden, bis sie sich allesamt als Akademieprofessoren wieder trafen, freilich auch darüberhinaus. Jeder von ihnen ist seinen Weg gegangen, der von Prachensky war quantitativ womöglich etwas länger. „Markus, das ist der Ahasverische von ihnen“, war Otto Mauers Kommentar zu Prachenskys rastloser Reisetätigkeit. Als 1967 bei Aufenthalten in den USA und Mexiko, Geste und Expression einer vergleichsweise großflächigen Ruhe weichen, zeigt sich selbst Clement Greenberg sehr beeindruckt, und man vermeint sich von entsprechenden Aufnahmen zu erinnern, dass zwischen all den amerikanischen Farbfeldgrößen, die Greenbergs Heim zierten, da auch ein Prachensky hing. Jedes Bild wäre eine vorweggenommene Antwort auf den Tod, erklärte der Künstler 2002 in einem Interview. Man habe dafür Zeit; dann läuft die Zeit ab. Was bleibt, wären ein bewusst gesetztes Zeichen des Lebens, Lebenszeichen. Und weiter: „Wenn ich male, fühle ich mich so lebendig wie eh und je. Noch immer spüre ich, dass sich etwas anbahnt. Das ist ein wunderbares Gefühl. Beglückend. Man weiß, es geht weiter“. Es ist nicht das Ringen nach Glück, es ist dieses Wissen um den Moment des Glück selbst, das, auf Papier oder Leinwand das Atelier verlassen durfte. In der Nacht zum Samstag ist Markus Prachensky im Alter von 79 Jahren gestorben.
Mehr Texte von Daniela Gregori

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