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Soylent Green: Terranian Terror

Der warnende Ruf nach mehr Achtung vor der Natur ist so alt wie Industrialisierung und Verstädterung. Waren es um die Mitte des 19. Jahrhunderts die Landschaftsmaler, die sich zum Beispiel dafür einsetzten, dass der Wald bei Barbizon nicht abgeholzt wurde, so finden sich die eindringlichsten und weitreichendsten Warnungen vor den Folgen des Raubbaus an der Natur im 20. Jahrhundert weniger im White - denn im Black Cube des Kinos. Filme wie Richard Fleischers \"Soylent Green\" (1973) zeichnen sich dadurch aus, dass sie bestehende Tendenzen pessimistisch potenziert in eine nicht allzuferne Zukunft projizieren. In \"Soylent Green\" hat es der Mensch schon beinahe geschafft: Nichts wächst mehr, selbst die Ozeane sind leer. \"Soylent Green\" ist die Bezeichnung für ein neues, künstliches Nahrungsmittel, das sich am Ende als Produkt aus menschlichen Leichen herausstellt. Die düstere Perspektive: Nur Kannibalismus kann das Überleben sichern. Thomas Stimm und Uta Weber haben den Titel dieses Films in negativ-programmatischer Weise übernommen und daraus ein Projekt gemacht, bei dem es um ein \"neues planetarisches Bewusstsein\" gehen soll. Der in Verbindung mit \"Soylent Green\" gegründete Verlag \"Best of Our Planet Production\" mit den Labels Terranian Wear, Terranian Comfort, Terranian Culture und Terranian Food ist die Plattform für die künstlerische Arbeit, die aus Editionen besteht: Pudelhauben, Schmuck, Teppiche, Anzüge aus bunter Seide, Plakate, Musik-CDs etc. gehören zu den Produkten. Die ursprünglich morbide Bedeutung von \"Soylent Green\" ist in ihr positives Gegenteil verkehrt worden: Anstelle eines Überlebens im Schatten des Todes stehen Friede, Freude, Eierkuchen. Darin liegt das Schwierige an Thomas Stimms und Uta Webers Projekt. Ihre Utopie von einem schöneren und erdverbunderen Leben ist zu nett. Natürlich verführt die Vorstellung, in einer von Künstlern geschaffenen Welt wie in einem Bild zu leben. Aber zum einen sind die bunten, am Design der Sixties orientierten Editionen nicht jedermanns Sache. Zum anderen kann selbst der nettesten Harmlosigkeit etwas Totalitäres anhaften, wenn sie zum ausschließlichen Programm erhoben wird.
Mehr Texte von Andrea Winklbauer

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Soylent Green
13.09 - 09.11.2002

Christine König Galerie
1040 Wien, Schleifmühlgasse 1a
Tel: +43-1-585 74 74, Fax: +43-1-585 74 74-24
Email: office@christinekoeniggalerie.at
http://www.christinekoeniggalerie.at
Öffnungszeiten: Di-Fr: 12-18h
Sa 12-16h


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