Werbung
,

Mies van der Rohe - Möbel und Bauten in Stuttgart, Barcelona, Brünn: Sechs Wolkenkratzer

Rot! Tomatenrot und auch noch dick gepolstert ist der Stahlrohrsessel, in dem Grete Tugendhat sitzt und in einem ebenso knallroten Buch liest. Ihr Gesicht spiegelt sich ganz neusachlich in der Glasplatte des Couchtischs. Und wir dachten immer, in schwarzweißen Glas-Chrom-Kuben wohnten schwarzweiße Menschen. Die hier erstmals gezeigten Farbfotos aus den ersten Jahren des Hauses Tugendhat sind die eigentliche Sensation in der Wiener Station der Vitra-Ausstellung zu Ludwig Mies van der Rohes Möbeln. Vom begeisterten Foto- und Filmamateur Fritz Tugendhat in der hauseigenen Dunkelkammer in einem brandneuen, hochkomplizierten Bromölumdruck-Verfahren in mehreren Belichtungsgängen selbst vergrößert, korrigieren sie die durch zahllose Publikationen selbstverständlich gewordene Sicht der funktionalistischen Moderne, die nur leere, möglichst menschenfreie Neubauten zeigt. Die Tugendhatschen Familienalben erzählen vom Pflanzenbewuchs des Hauses, das auf einmal viel enger mit seinem Garten korrespondiert, von Kinderspielen auf der Terrasse und den weichen Wollteppichen und von bunten Blumensträußen. Auch sie sind eine Antwort auf die Kritikerfrage "Kann man im Haus Tugendhat wohnen?" Originalmöbel aus dem Haus sowie dem deutschen Weltausstellungspavillon in Barcelona und dem Mietshaus in der Stuttgarter Weißenhofsiedlung zeigen, wie elaboriert jedes Detail der Miesschen Möbel behandelt wurde: Wie sich die Maserung des Ebenholz-Furniers über die Zarge und die bündigen Schubladen bis zu den Beinen der Tische durchzieht, wie schlicht die Form des Palisander-Betts, wie ausgeklügelt der X-Schwung der Flachstahl-Beine von Hockern und Fauteuils ist. Nur selten wird es unfreiwillig komisch, etwa wenn Mies Mitarbeiterin Lilly Reich in einer Weißenhof-Musterwohnung noch den Garderobenspiegel auf Freischwinger-Stahlrohrkufen federn lässt. Als Mies 1930 das New Yorker Apartment des jungen Philip Johnson einrichtete, entfaltete er laut Johnson einen Arbeitsaufwand, "als hätte er sechs Wolkenkratzer zu entwerfen". Man glaubt es aufs Wort. www.hofmobiliendepot.at/ger/mies/mies.html
Mehr Texte von Iris Meder †

Werbung
Werbung
Werbung

Gratis aber wertvoll!
Ihnen ist eine unabhängige, engagierte Kunstkritik etwas wert? Dann unterstützen Sie das artmagazine mit einem Betrag Ihrer Wahl. Egal ob einmalig oder regelmäßig, Ihren Beitrag verwenden wir zum Ausbau der Redaktion, um noch umfangreicher über Ausstellungen und die Kunstszene zu berichten.
Kunst braucht Kritik!
Ja ich will

Werbung
Werbung
Werbung
Werbung

Mies van der Rohe - Möbel und Bauten in Stuttgart, Barcelona, Brünn
11.09 - 15.12.2002

Möbelmuseum Wien
1070 Wien, Mariahilfer Strasse 88, Eingang Andreasgasse 7
Tel: +43-1-524 33 57
Email: info@moebelmuseumwien.at
https://www.moebelmuseumwien.at/
Öffnungszeiten: Di-So 10-17 h


Ihre Meinung

Noch kein Posting in diesem Forum

Das artmagazine bietet allen LeserInnen die Möglichkeit, ihre Meinung zu Artikeln, Ausstellungen und Themen abzugeben. Das artmagazine übernimmt keine Verantwortung für den Inhalt der abgegebenen Meinungen, behält sich aber vor, Beiträge die gegen geltendes Recht verstoßen oder grob unsachlich oder moralisch bedenklich sind, nach eigenem Ermessen zu löschen.

© 2000 - 2024 artmagazine Kunst-Informationsgesellschaft m.b.H.

Bezahlte Anzeige
Bezahlte Anzeige
Gefördert durch: