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Niki Passath, Yukihiro Taguchi, Albért Bernàrd: Performativer Ungehorsam

Im September letzten Jahres hat das weisse haus seinen Standort von der Wollzeile in die Geigergasse im 5. Bezirk verlegt. Nach drei Gruppenausstellungen werden nun mit Yukihiro Taguchi und Niki Passath anhand einiger charakteristischer Arbeiten markante künstlerische Einzelpositionen präsentiert. Im Projektraum tobt sich das junge Kollektiv Albért Bernard aus. Es sind drei aktuelle Standpunkte, die, wenngleich unbeabsichtigt und bei sehr unterschiedlichen künstlerischen Mitteln und Ausgangspunkten unter einer verbindenden Idee begriffen werden können. Niki Passath weist mit dem Titel Maschineller Ungehorsam direkt auf den Leitgedanken seiner ausgestellten Werke hin. Als Vertreter der digitalen Kunst thematisiert er deren scheinbare technische Unfehlbarkeit und macht diese in ihrer gegenteiligen, tatsächlich eben technisch fehlerhaften Präsenz zum Motiv seiner Robotik. Zoe, eine Gruppe kleiner, sich schnarrend forbewegender, insektenähnlicher Roboter, überrascht die Besucher durch die Ungeordnetheit ihrer Performance. Ihre Körper sind weder exakt ident, da von Hand gefertigt und auch ihre vermeintliche Kommunikation beruht nicht auf digital programmierter Intelligenz, sondern ist reine mechanische Reaktion durch simple Relais. Die chaotische Orientierungslosigkeit der kleinen Maschinen ist beabsichtigt, sie bedarf der Korrektur und damit der durchaus beabsichtigten Interaktion durch die anwesenden Personen. Unwillkürlich reagiert das Publikum auf die unberechenbaren Bewegungen der Roboter, interpretiert diese als soziales Verhalten nach eigenständiger Motivation: „das süße, schlimme Tierchen“ wird unter belustigt tadelnden Bemerkungen wieder eingefangen und zurück zu seinen Artgenossen gesteckt. Im Mai wird Niki Passath Zoe performativ erweitern, einen seiner Roboter Spurenbilder zeichnen lassen und so die Thematik von Jean Tinguelys Métamatic neu inszenieren. In der zweiten Installation Menge hat Niki Passath die formale Körperlichkeit auf einfache Kuben reduziert, die sich basierend auf digitalem Code und Algorithmus ausdehnen und wieder zusammenziehen. Die einzelnen Elemente stehen allerdings nur scheinbar in einem kommunikativen System, dessen kinetischer Ablauf überdies durch die „Ungenauigkeit“ in der Verarbeitung des Materials und der mechanischen Reibung der Oberflächen nicht vorhersehbar ist. Vergleichbar zu Zoe verhalten sich die Bretter von Yukihiro Taguchis Galerieboden ungehörig. Im Video moment – performatives spazieren türmen die sich verselbständigten Bretter durch das Fenster, sie durchstreifen den urbanen Raum und intervenieren im Alltag. Sie gruppieren sich zu temporären Skulpturen, interagieren mit Bauwerken oder Bäumen wie mit Menschen, wobei sie ästhetische wie funktionale Qualitäten entwickeln. Yukihiro Taguchis sich stets wandelnde Installationen unterwandern den gewohnten Blick, unmittelbar und ephemer in momentaner Manifestation, subversiv in der Montage zum Video. Ebenfalls im Mai wird Taguchi seine Ausstellung im weissen haus mit einer neuen effektiv raumgreifenden Arbeit bereichern. Im Projektraum tobt sich das junge Kollektiv Albért Bernard aus, interaktiv und performativ, witzig - oder auch nicht. Das Pressen von Karottensaft mit den primitivsten Mitteln wie einer Reibe, Trichter, Tuch und Krug wird zum künstlerischen Akt erhoben wie die danach verfärbten Tücher zum Kunstwerk, während in der Mitte des Projektraums zwei unbemannte, dafür mit gefüllten Plastiksackerln befrachtete Segways ständig im Kreis fahren. Ungehorsam sind Niki Passaths Roboter, ungehorsam sind Taguchis Dielenbretter, und ungehorsam gegenüber den Erwartungen der Besucher sind Albért Bernards Segways. Und alle Protagonisten scheinen ihren Spaß zu haben, die assoziativ verlebendigten Maschinen und Bretter, die digital gesteuerten Roboter oder simple lackierte Holzlatten genauso wie die sich unbekümmert gebenden Künstler Albért Bernard. Abweichung vom Gewohnten und Erwarteten, Ausbruch aus konventionell geforderter Ordnung und funktionellem System – das wären aussagekräftige Kriterien und anregende Aspekte des aktuellen Geschehens im weissen haus und damit reizvolle Motivation diesen innovativen Ausstellungsort im Mai auch aufzusuchen.
Mehr Texte von Margareta Sandhofer

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Niki Passath, Yukihiro Taguchi, Albért Bernàrd
13.04 - 28.05.2011

Kunstverein das weisse haus (alter Standort)
1050 Wien, Geigergasse 5-9, 2. Stock
http://www.dasweissehaus.at
Öffnungszeiten: Di - Fr 13 - 19h, Sa 12 - 17h


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