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Ulrike Königshofer - System Ich: Die Erforschung des Ich mit anderen Mitteln

Dass Kunst und Wissenschaft mehr miteinander zu tun haben, als es in unserer von Spezialisierung und Schubladisierung geprägten Zeit auf den ersten Blick den Anschein hat, zeigt sich kaum jemals so deutlich wie in dieser überzeugenden Ausstellung. Die 1981 geborene Künstlerin führt uns anhand klar strukturierter Versuchsanordnungen und präzise gebauter Apparaturen vor, wie sehr das Ich, unsere Identität von bestimmten Einflussfaktoren gestaltet wird. Erschütternd einfach visualisiert sie zum Beispiel ein in der Psychologie als sensorische Deprivation (Reizentzug) bekanntes Phänomen, bei dem sich durch den Entzug möglichst aller Reize und Sinneseindrücke sehr bald erste Auflösungserscheinungen der Persönlichkeit zeigen: Königshofer stellt eine Kiste mit eingebautem aber sehr gut nach aussen hin Isoliertem Mikrofon aus, dessen Kabel in einen aufgedrehten Verstärker mündet der mangels Input aber keinen Ton von sich gibt. Konsequent und für ein in der Kunstgeschichte bewandertes Publikum gut lesbar, setzt sich auch ein 10-minütiges Video mit der Thematik des Erkenntnisgewinns durch Forschung auseinander. Hier wird beispielhaft und nicht unironisch ein Lautsprecher mittels Skalpell mit großer Sorgfalt seziert. Die lange Tradition des Künstlers / der Künstlerin als Forschende/r wird hier heraufbeschworen und Bilder wie Rembrandts „Die Anatomie des Dr. Tulp“ oder Da Vincis Organstudien tauchen vor dem geistigen Auge auf, verstärkt noch durch die Untermalung mit Bachs berühmter „Air on a G-String“. Dass es Grenzen der Wissenschaft gibt und gerade dort die Kunst weiterhelfen kann, sogar die logische Weiterführung ist, zeigt sich in dieser Ausstellung immer wieder an dem Thema Musik. Denn die geradezu überwältigende Wirkung, die Musik auf Menschen haben kann, lässt sich nicht im Ansatz durch eine andere als einfühlende künstlerische Herangehensweise beschreiben, geschweige denn erklären. Bei aller ironischen Kritik an einem mechanistischen Weltbild scheint diese Ausstellung nicht eine Antithese, sondern eher eine Ergänzung zur wissenschaftlichen Erforschung der Welt und im konkreten Fall der Erforschung des Ich zu sein.
Mehr Texte von Wolfgang Pichler

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Ulrike Königshofer - System Ich
08.04 - 05.05.2011

Startgalerie im MUSA
1010 Wien, Felderstraße 6-8, neben dem Rathaus
Tel: +43 1 4000 8400, Fax: +43 1 4000-99-8400
Email: musa@musa.at
http://www.musa.at
Öffnungszeiten: Di, Mi, Fr 11-18, Do 11-20, Sa 11-16 h


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