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Alexander Brener & Barbara Schurz - Last seen entering the MUMOK: Im Paradies von Anarchie und Subversion

Wer hat hier seine Spuren hinterlassen. Peter Pongratz? Oder war es gar Otto Mühl? Nein! Viel zu subtil. „Volkskunst“ wiederum steht in der Ankündigung. Na, ja. Na, ja. Wo sind denn die Massen? Bei der Eröffnung waren sie nicht zugegen. Alexander Brener und Barbara Schurz sind nach wie vor Outsider. Als Medienereignis geben sie auch kaum noch was her. Schon alles durchgespielt. Somit haben die Mühen der Ebene begonnen. That means: Schritt für Schritt ins Paradies, wie schon Rio Reiser sang. Oder etwas direkter: auf, auf Richtung Markt ! Betrachten wir die neuesten zeichnerischen Auswüchse aus der Kooperation der beiden also aus der Nähe. „Nimm den Hammer ...“ Nein, falsch! Zurück. Ton, Steine, Scherben ausgeschaltet. Passt gar nicht. Warum? Weil es sich eigentlich um eine subtile, intime Ausstellung handelt. Viele der Zeichnungen sind sehr kleinteilig und vor allem: kleinformatig. 30,5 x 23 cm zum Beispiel. Die beiden Anarchos Alexander Brener und Barbara Schurz, die ihren Kunstterrorismus auch beharrlich gegen das Aufgeklärte und Emanzipatorische ausübten, verfolgen ihre subversiven Strategien längst auf visueller Ebene. Natürlich ist hier schon alles durchgespielt. Es geht daher nicht um den Akt der Ausführung, sondern vor allem um formale Übersetzungen. (Selbstverständlich hätte jeder Terrorismus auch formalsprachliche Aspekte, sonst würde er kommunikativ nicht funktionieren.) Die Frage, was wohin übersetzt wird, lösten Brener und Schurz mit einem Muster, das in der Kunst gerne verwendet wird. Wir kennen es auch aus der Waschmittelwerbung: Aus alt mach neu! Die feinteiligen und teils krakelig angelegten und manchmal wie Comics kolorierten Zeichnungen beziehen sich auf die Tradition des Lubok, des russischen Volksbilderbogens. Luboks, das waren bis etwa zu Beginn des 20. Jahrhunderts Volksbilderbögen, die als Einblatt-Drucke verbreitet oder präsentiert wurden. Man kennt sie als populäre, volkstümliche Druckgrafiken mit informativem, patriotischem oder gelegentlich sozialkritischem Charakter für ein Publikum, das entweder des Lesens nicht kundig oder zumindest über diese Art plakativer Darstellung am ehesten ansprechbar war. Brener und Schurz greifen aktuelle Themen auf und gestalten sie entsprechend ordinär, so dass sie ... und ja ... hier kommt noch eine Assoziation auf ... an die böse Welt von „Fritz the Cat“ erinnern. Sex, Gewalt und Anarchismus. Jedes der Blätter eröffnet eine eigene Geschichte. Wie lautet doch der Ausstellungstitel „Alexander Brener und Barbara Schurz: Last seen entering the MUMOK“. Dieses Blatt zeigt die beiden nackt nebeneinander in prä- oder postkoitaler Stellung. Oder ist es bloß Gemütlichkeit auf dem Strand unter dem Pflaster? Oder gar eine Bezugnahme auf das öffentliche gemeinsame Auftreten von John Lennon und Yoko Ono im Bett? Jedenfalls wirken Brener und Schurz zufrieden. Kein Wunder! Im Hintergrund brennt das MUMOK. Rundherum stehen doofe Bobos aus dem Muqua. Außerdem haben die Zeichnungen auch was Liebenswertes. Man sieht sie gerne lange an. Wegen der vielen Details. Noch ein paar andere Themen gefällig? Blicken wir doch in den Pressetext. Ist doch am einfachsten! „In einer anderen Zeichnung wiederum, stellen sie Ausschnitte aus dem ungewöhnlichen Leben des Wehrpflichtverweigerers, Poeten und Rebellen Arthur Cravan dar, der ständig auf der Flucht, seiner Liebe Mina Loy nach Buenos Aires folgen wollte, jedoch von der Probefahrt auf dem Pazifik nie zurückkehrte. Sein Verschwinden sorgte noch lange Zeit für Spekulationen, und ließ einen Mythos um seine Person entstehen.“ Also: Gut oder schlecht die Ausstellung? Das will man hier doch lesen. Gut natürlich, weil sich die beiden nach und nach zu einem frechen und vor allem nett feinteiligem und mit Information vollgestopftem, intellektuellen, subversiven und was sonst noch Werk durchringen. Vielleicht erleben sie und ihre Galerie damit bald einen Boom auf dem Markt von Zeichnung und Aquarell. Also: Auf, auf! Vielleicht findet sich jemand, der ein paar Werke zerstört. Die Preise würden sofort steigen.
Mehr Texte von Roland Schöny

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Alexander Brener & Barbara Schurz - Last seen entering the MUMOK
31.03 - 07.05.2011

Knoll Galerie Wien
1060 Wien, Gumpendorfer Straße 18
Tel: +43 1 587 50 52, Fax: +43 1 587 59 66
Email: office@knollgalerie.at
http://www.knollgalerie.at
Öffnungszeiten: Di-Fr 14-18, Sa 13-15h


Ihre Meinung

1 Posting in diesem Forum
cool
marta huemer | 18.04.2011 04:23 | antworten
zeichnungen haben die beiden auch schon früher gemacht, auch in diesem stil toll dass die ausstellung stattfindet und dass hier darüber geschrieben wird

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