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Kunst-Quote

Frauentag war, und er wurde wieder einmal von der Quoten-Debatte dominiert, über die sich einige Old Boys in Qualitätszeitungen äußern durften: So ängstigte sich Norbert Bolz in der „Presse“ zwei Seiten lang vor der „Ununterscheidbarkeit“ der Geschlechter („Dass es nicht mehr Herr und Knecht geben soll, wird dann so überinterpretiert, dass es auch keinen Unterschied zwischen Vater und Sohn oder zwischen Mann und Frau mehr geben soll“, zog er gleich die passenden Parallelen), und im „Standard“ erfand ein Wirtschaftsrechtsexperte jenes Wort, das ebenso blödsinnig wie entlarvend ist, er sprach nämlich von einer „Genitalquote“ – die halbe Menschheit als wandelndes Geschlechtsorgan, interessantes Weltbild. Doch egal. Wir sind hier im Kunstbetrieb, da ist alles anders. Wir sind aufgeklärt und feministisch, wir wissen sogar, dass es nicht einen, sondern viele Feminismen gibt. Wir freuen uns darüber, dass es in Wien jetzt schon so viele Museumsdirektorinnen gibt. Wir sind uns einig darüber, dass Maria Lassnig, VALIE EXPORT (zumindest früher) und Elke Krystufek grandiose Künstlerinnen sind. Wir sind politisch korrekt, aber nicht so korrekt, dass es fad wird: FPÖ, BZÖ und ÖVP werden eher nicht gewählt (außer vielleicht, wir sind Künstler mit Sitz in Niederösterreich und verdanken dem Herrn Pröll ein eigenes Museum), und zwar unter anderem auch wegen ihres rückständigen Frauenbildes. Mit der Quote in der Kunst schaut’s allerdings ebenso trist aus wie in Politik, Wissenschaft und Wirtschaft. Das stellte ich fest, als ich aus Anlass des 8. März den Künstlerinnenanteil in heimischen Galerien (laut deren jeweiliger Website) untersuchte – auch wenn jemand, der so was macht, gern als frustrierte Emanze hingestellt wird. Jedenfalls gibt es offenbar unter den wichtigen Galerien in Österreich keine einzige, bei denen der Künstlerinnen-Anteil zumindest die 40-Prozent-Grenze überschreitet. Am besten im Rennen sind: Rosemarie Schwarzwälder und Grita Insam (ex aequo mit 38,5 Prozent), gefolgt von Miryam Charim (37,14), Silvia Steinek (36,4), Meyer Kainer (35,5), Kerstin Engholm (31,3). Krinzinger ist mit 21,2 % ist schon recht abgeschlagen. Dass männliche Galeristen tatsächlich noch weniger Künstlerinnen vertreten, hätte ich nicht vermutet, zu simpel erschien diese Annahme – es ist aber weitgehend so: Kargl (18,2 %), Ropac (14,3 %) und Knoll (11,7 %) erreichen mit ihrer Frauenquote nicht einmal jene des ÖVP-Parlamentsklubs (der mit 23,53 % ohnehin schon erbärmlich ist; die FPÖ liegt übrigens bei 16,22 %). Vielleicht habe ich irgendeine Galerie, die mehr Künstlerinnen ausstellt, übersehen – wünschen würde ich es mir. Klar: Galerien sind kleine Privatbetriebe, gerade hier für Quoten zu plädieren wäre ebenso vermessen wie blödsinnig. Doch den Hinweis darauf, dass der Kunstbetrieb in Sachen Gleichberechtigung kaum fortschrittlicher ist als andere Bereiche der Gesellschaft, den wird man sich am 100. Frauentag erlauben dürfen.
Mehr Texte von Nina Schedlmayer

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Ihre Meinung

1 Posting in diesem Forum
krobath
anna meyer | 07.04.2011 11:42 | antworten
krobath vergessen die haben mehr!

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