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Karel Appel: Le coeur qui jazze

Die Axt ist nur Show. Karel Appel hat offensichtlich Spaß daran, mit seinem Image als Wilder zu spielen, wenn er, dämonisch von unten beleuchtet, 28jährig vor einem Holzrelief aus der Reihe der \"Fragenden Kinder\" posiert. Nicht nur das macht Appel und seine CoBrA-Kollegen in ihrer respektlosen Attitude, die einen Picasso schon als akademisch verachtete, zutiefst sympathisch. Die Punks der Nachkriegszeit waren indes keineswegs gesellschaftliche Outcasts: Im selben Jahr gestaltete Appel bereits eine ganze Wand desselben Themas im Amsterdamer Rathaus. Die pseudo-naive Sichtweise der Welt bedingte unter dem Einfluss der art brut geradezu rührende Bildsujets: Figuren, Tiere und kleines Boot (so ein Bildtitel von 1948), Kopffüßer, Schaukelpferde, Pilze, Krabben, Vögel, Straßensänger. Wild war die Kunst, aufregend das Leben. Es ist die Zeit von St. Germain-des-prés, von Free-Jazz-Improvisationen und rauchenden Menschen in schwarzen Rollkragenpullovern. Relativ leicht hybridisierbar, prägte die CoBrA-Formensprache deutlich die Ästhetik der Fünfziger. Appels Arbeiten aus der CoBrA-Zeit sind der verdiente Lohn, der dem Besucher des Kunstforums ganz hinten zuteil wird, nachdem er zahlreiche großformatige Arbeiten aus den letzten Jahren passiert hat. Überhaupt scheint sich das Kunstforum zum Spezialisten für die ausführliche Präsentation von Spätwerken zu entwickeln, sei es Malewitsch, Schwitters oder eben Appel. Und wie immer geht es dabei nicht ohne \"erstmals\" und \"noch nie dagewesen\". Die umgekehrte Chronologie beginnt hier mit pastosen abstrahierten Landschaften in gewohnt starker Farbigkeit aus den Neunzigern und einigen Arbeiten der 2000 entstandenen Serie \"Der Machtwille des Planeten\". Bilder dieser Art hängen gerne mal in Bankfilialen. Die Aktdarstellungen der Achtziger ähneln dagegen gleichzeitigen Arbeiten der jungen Wilden. Ausschließlich den jüngsten Arbeiten Appels ist auch eine begleitende Ausstellung der Galerie Ulysses gewidmet. Hier ist der Duktus so heftig, dass sich die Keilrahmen auf den Bildvorderseiten abzeichnen. Born to be wild. Dabei aber doch romantisch. Karel Appel. Mutation in Motion, Galerie Ulysses, Opernring 21, A-1010 Wien, bis 25. Oktober 2002.
Mehr Texte von Iris Meder †

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Karel Appel
05.09 - 13.10.2002

BA-CA Kunstforum
1010 Wien, Freyung 8
Tel: +43 (1) 537 33/10-17
Email: office@kunstforum-wien.at
http://www.kunstforumwien.at


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