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Ulrike Lienbacher - Aufräumen: Irritierte Reinigungsbedürfnisse

Man kann nicht sagen, dass es so ganz eindeutig Exkremente wären, diese Flecken, die uns Ulrike Lienbacher da in ihrem Video entgegenschleudert. Die Wahl der Farben ist zwar scheinbar eindeutig - rot, gelb und braun - allerdings sind sie eigenartig homogen. Einige Schritte weiter erscheinen diese Farben wieder auf Lienbachers Zeichnungen an der Stirnwand der MAK-Galerie. Sie rinnen zwischen Beinen zu Boden, wo sie Lacken bilden oder kleben an den Fußsohlen von knienden Frauen. Manchmal ist auch ein Rock oder ein BH in diesem undifferenzierten Braun gehalten. Lienbachers Arbeiten thematisieren in ihrer Reduziertheit und Schlichtheit das Schmutzige, das es zu beseitigen gilt. Kein spontan-expressiver Strich stört die exakt und säuberlich gezeichneten Figuren und Gesten, Gesten des Ordnens und Reinigens. Da wird Haar gescheitelt, der Mund abgeschleckt, der Körper mit Handtüchern abgetrocknet. Dazwischen finden sich immer wieder Irritationen: Wieso sitzt das Mädchen mit dem ordentlich geflochtenen Zopf vor der Klomuschel? Leidet sie etwa an Bulimie? Fließt von den mit Bleistift gemalten Händen Blut oder doch nur Abwaschmittel? Und was, um Himmels willen, ist das für ein brauner Haufen, in dem da gewühlt wird? Die schmale Grenze zwischen übertriebener Selbstdisziplinierung des Körpers mittels zwanghafter Reinigung und Neurose lotet Lienbacher auch in dem Trickfilm \"toilette\" aus, in dem sich der mit Geräuschen wie Wassergurgeln und Föhnen untermalte Loop zu einer irrwitzigen Endlosschleife steigert, aus dem es offenbar kein Entrinnen gibt: Immer wieder wird die Frisur festgesteckt, zum x-ten Mal das Handtuch um den Körper gewickelt. Eingebettet sind die Videos und Zeichnungen in ein Setting, das von einem Fußbodenbelag, einem Raster aus abwaschbaren, billigen Holzimitaten, dominiert wird - Insignie kleinbürgerlich-spießigen Wohlstandes, dessen höchste Tugend die Ordnung ist. Dass der Zwang dazu sehr oft auch mit neurotischer Erstarrung einhergeht, wird von Lienbacher mit ironischen Augenzwinkern vorgeführt. In der Galerie Krinzinger läuft von 5.10. bis 2.11. eine weitere Ausstellung von Ulrike Lienbacher. Zur Eröffnung am 4.10., 19 Uhr spricht Brigitte Huck.
Mehr Texte von Nina Schedlmayer

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Ulrike Lienbacher - Aufräumen
04.09 - 27.10.2002

MAK - Museum für angewandte Kunst
1010 Wien, Stubenring 5
Tel: +43 1 711 36-0, Fax: +43 1 713 10 26
Email: office@mak.at
http://www.mak.at
Öffnungszeiten: Di 10-21, Mi-So 10-18 h


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