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Mary Ellen Mark - Photographs: Das Abseitige im Durchschnittlichen

Irgendwie glaubt man das alles schon einmal gesehen zu haben: Die Fotos von Mutter Theresa, mit einem Greis auf einem Bett. Zwei kleine Buben mit Stickern mit der Aufschrift \"Support our Boys in Vietnam\" und amerikanischer Flagge. Über und über mit absurden Klunkern behängte, in weiße Kleider gewandete, rauchende weißhaarige Zwillinge auf einem Zwillingsfestival in einer Stadt mit dem recht passenden Namen Twinsburg: Die Fotos der Magnum-Fotografin Mary Ellen Mark verleugnen ihre Vorbilder nicht. Die skurrilen Barflies von Henri Cartier-Bresson oder der bekannte dümmlich dreinblickende Junge mit dem \"Bomb Hanoi\"-Schildchen am Revers von Diane Arbus scheinen für diese Fotografien Pate gestanden zu haben. Ebenso erinnern Marks \"Rural Poverty\"-Arbeiten, in denen etwa ein Kleinkind auf einer Matratze hinter einem geöffneten, völlig verschmutzten und sichtlich längst nicht mehr funktionstüchtigen Kühlschrank hervorlugt, an die Farm Security Administration-Fotografie der dreißiger Jahre, die das Elend in den ländlichen Gebieten der USA dokumentierte. Mary Ellen Mark bewegt sich also in Bahnen bestens kanonisierter amerikanischer Fotografiegeschichte. Ihre Vorliebe für das, was nicht in die Kategorie des gemeinhin als \"normal\" Bezeichneten fällt, ist dort am Luzidesten, wo sich das Abseitige hinter dem scheinbar Durchschnittlichen, vordergründig Gutbürgerlichen des weißen amerikanischen Mittelstandes verbirgt. Ein Vertreter der rassistischen Aryan Nation, mit seinem Sohn und einem Gewehr im Arm posierend oder die oben erwähnten patriotischen Jungen reihen sich nahtlos an die Bilder von sogenannten \"Outsidern\": Patientinnen einer psychiatrischen Klinik, Heroinsüchtigen oder schwangeren Teenagern. Der Grenze zu Sentimentalität und Kitsch, die in diesem Kontext nichts anderes als Voyeurismus bedeuten, kommt Mary Ellen Marks dabei immer wieder sehr nahe. Immerhin: Sie überschreitet sie nicht.
Mehr Texte von Nina Schedlmayer

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Mary Ellen Mark - Photographs
30.08 - 06.10.2002

Westlicht
1070 Wien, Westbahnstrasse 40
Tel: +43 1 522 66 36 - 0, Fax: +43 1 523 13 08
Email: info@westlicht.com
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Öffnungszeiten: Di, Mi, Fr 14-19, Do 14-21, Sa, So, Fei 11-19 h


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