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Lukas Pusch - Neues Tahiti: Weite Wegmarken, äußerst östlich

Viele Bewegungen, die mit klarem Ziel aufbrachen und gegen bestehende Verhältnisse protestierten, wurden später von ihren Gegnern eingemeindet – ein wenig bekanntes Beispiel der Malereigeschichte bilden die sogenannten Peredwischniki, die sich im späten 19. Jahrhundert gegen den Akademismus der Petersburger Kunstakademie zur Wehr setzten und Wanderausstellungen bestritten. Die dadurch entstehende Volksnähe wurde für den durchgesetzten Sozialismus wertvoll – und die vormalige Authentizität verkitscht. „Neues Tahiti“ von Lukas Pusch bei Hilger Contemporary formuliert das Motiv des authentischen Unterweg-Seins und den Exotismus des reisenden Malers. In Anlehnung an den Südsee-Romantizismus von Gauguin, Nolde und den Peredwischniki wird eine Suchbewegung sichtbar, die als übersetzende Brücke verschiedene Diskursprobleme überspannt. Viele, gemalte und fotografierte Bilder erzählen von der Reise, die der Künstler mit einem Blechgaragen-White-Cube-Gallery-Aufbau auf einem sowjetischen Kleinlaster 2009 durch Sibirien unternahm. Nach zehnstündigen Autofahrten entstanden vor Ort Landschaftsbilder. Entfernungen und das magische Moment ihrer tatsächlichen Darstellbarkeit werden sichtbar: „263 km vor der mongolischen Grenze“(Acryl auf Leinwand, 66x71, 2009) zeigt eine breite Wasserfläche vor zwei Bergen. Die Grüntöne in O.T.(Fluß Tschuja), 2008 (Acryl auf Leinwand, 100x80, ed O) schillern dagegen so opak und satt grün, dass der Begriff des Russischen Grüns eine verdiente Würdigung erfährt. Alle Bilder wurden in spontan-gestischem Duktus und mit sehr sparsamen Rottönen gemalt; umrahmt werden sie von Rahmen aus grobem Holz, das eher keine Kreissäge gesehen haben dürfte. Das größte Bild („Malewitsch befahl die Abstraktion - No ja ne chatshu (Aber ich will nicht)“, 2011, Öl auf Leinwand,220x350cm) trotzt im Titel auf Russisch gegenstandslosen Avantgardebewegungen und schwelgt im weitaufgerissen duftig russischen Himmel über der endlos schluppenden russischen Steppe. Vor den Fotodokumentationen von Ausstellungen in großräumiger Landschaft mit wenig Publikum  und der ausführlichen Wandbeschriftung über die Metaphorik und Romantik der Reise ersteht der Künstler nicht nur als Maler, Ausstellungsmacher, Chauffeur und Fotograf, sondern auch als Pressesprecher und Lehrender, der „Kunstdiskurse mit Jak-Hirten, Jurtenbewohnern und sibirischen Kühen“ führt und das Reisen als tiefe Sehnsucht und in sehr grünem Licht vermittelt. Noch ist der Sibirientourismus zu unbekannt, als dass in dieser Ausstellung ernstlich Kitsch gefunden werden könnte.
Mehr Texte von Gesche Heumann

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Lukas Pusch - Neues Tahiti
09.03 - 09.04.2011

hilger contemporary
1010 Wien, Dorotheergasse 5
Tel: +43-1512 53 15, Fax: +43-1-513 91 26
Email: contemporary@hilger.at
http://www.hilger.at
Öffnungszeiten: geschlossen


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