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Von Engeln & Bengeln. 400 Jahre Kinder im Porträt: Bedrängt, beengt, bewaffnet

Mit der Kindererziehung verhält es sich, zumindest in Österreich, so wie mit der Politik und der Kunst: Nicht nur ungefähr acht Millionen Kunstexperten und Politologen fasst dieses Land, sondern ebenso viele Pädagogen. Jeder und jede, einschließlich der Kinderlosen und der nicht praktizierenden Väter, weiß genau über die besten Erziehungsmethoden Bescheid. Dass früher, bis ins 19. Jahrhundert, ebenso groß darüber diskutiert wurde wie heute, darf nicht angenommen werden. Die Aristos packten ihre Sprösslinge in prachtvolle Gewänder als wären sie Juwelen, die man in eine hübsche Fassung montiert – und verheirateten sie im Kindesalter. Beispiele dafür bringt die Kunsthalle Krems in ihrer bisweilen etwas ausfleddernden, jedoch weitgehend stringenten Ausstellung „Von Engeln und Bengeln. 400 Jahre Kinder im Porträt“ (KuratorInnen: Nicole Fritz, Hans-Peter Wipplinger). Kinder scheinen von der Fatsche (wie etwa im „Porträt eines Neugeborenen“ aus dem Kreis von Charles Beaubrun oder im „Porträt eines Kindes, vermutlich Ludwig XIV“, französische Schule) direkt in Korsette aus Spitzenkrägen und prachtvollen, aber sichtlich beengenden Kleidern zu schlüpfen. Eine trostlose, zwanghafte Kindheit führen diese Arbeiten, die zu weiten Teilen aus der auf Kinderbilder spezialisierten Sammlung von Yannick Vu und Ben Jakober (Mallorca) stammt. Bis ins 19. Jahrhundert versuchen lediglich einige wenige Bilder, eine Persönlichkeit zu erfassen – so etwa das entzückende Mädchenbildnis von Thomas Lawrence oder das Porträt der Rebecca Watson von Joshua Reynolds. Mit Biedermeier und Romantik, so zeigt sich, erwacht ein gewisses Interesse am Kind – das beeindruckende Porträt Friedrich von Amerlings von seinem todkranken Sohn etwa zeugt vom tiefen Einfühlungsvermögen des Vaters, das dunkeläugige „Mädchen mit dem Pilgerstab“ von Anton Romako von dessen eingehender Beschäftigung mit der Persönlichkeit des Kindes. Bezaubernde Bilder von Gustave Courbet, Paula Modersohn-Becker, Christian Schad und anderen führen in die Gegenwartskunst. Dort thematisiert man das Boshafte der Kleinen (Yoshitomo Nara), die Rückschau auf die eigene Kindheit (Martin Honert, Ursula Hübner), die Bewaffnung der Kinder (AES+F, Ena Swansea) und deren Sexualisierung (Jake und Dinos Chapman, Judy Fox) – dementsprechend spaltet sich die Ausstellung zum Schluss in mehrere, dafür oberflächlich abgehandelte Stränge. Doch vielleicht drückt gerade diese Verzettelung den gegenwärtigen Umgang mit allem Kindlichen perfekt aus.
Mehr Texte von Nina Schedlmayer

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Von Engeln & Bengeln. 400 Jahre Kinder im Porträt
06.03 - 03.07.2011

Kunsthalle Krems
3500 Krems, Franz-Zeller-Platz 3
Tel: +43-2732 90 80 10, Fax: +43-2732 90 80 11
Email: office@kunstalle.at
http://www.kunsthalle.at
Öffnungszeiten: Di - So und Mo wenn Feiertag 10-18 Uhr; in den Wintermonaten 10-17 Uh


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