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Ein Großer ist tot

In San Sebastián wurden die Flaggen auf Halbmast gesetzt. Eduardo Chillida, der am Abend des 19. 8. in seiner Heimatstadt gestorben ist, war so etwas wie ein Nationalheld. 1924 geboren, wandte er sich nach einem Architekturstudium der Bildhauerei zu und kehrte 1951 aus Paris in das Baskenland zurück. Für die Basken setzte sich Chillida im Rahmen seiner humanistischen Ideale von Toleranz und Dialog immer ein - mit dem Monument zum 50. Jahrestag der Zerstörung Guernicas ebenso wie als Torhüter des Fußballclubs Real Sociedad. Tief verwurzelt in der Klassischen Moderne, machte er u. a. die Bekanntschaft von Alberto Giacometti, Georges Braque, Joan Miró, Alexander Calder und Frank Lloyd Wright. Einer breiteren Öffentlichkeit war er hierzulande durch seine im Jahr 2000 vor dem Berliner Bundeskanzleramt aufgestellte Eisenplastik \"Berlin\" ein Begriff. Die 5,5 Meter hohe Arbeit in Form zweier Pfeiler, die sich einander an ihren fingerartig aufgespreizten Enden entgegenrecken, zeugt von Chillidas Fähigkeit, mit gegenstandlosen Formen symbolische Assoziationen so zu vermitteln, dass sie auch Laien zugänglich sind. Dies erklärt vielleicht auch seinen großen Erfolg, dessen erster Höhepunkt der Große Preis der Biennale 1958 war. Neben dem Bezug zur Architektur ist die Verbindung zur Musik (insbesondere Johann Sebastian Bachs), zu Literatur und Philosophie, aber auch dem Lapidar-Menschlichen essentieller Bestandteil von Chillidas Werk. Seine wohl berühmteste Arbeit, die 1977 realisierten \"Windkämme\" an der baskischen Küste bei San Sebastián, verdanken ihre Existenz einer Beobachtung des Jungvermählten im Jahr 1951, wie sich seine Frau Pilar Belzunce mit den Fingern durch die windzerzausten Haare fuhr. 2000 erfüllte sich mit der Eröffnung des Museo Chillida-Leku in Hernani bei San Sebastián ein langjähriger Traum Chillidas. Nun ist ein Großer tot, der im Großen ebenso souverän war wie im Kleinen. Der achtfache Vater, der seit längerer Zeit an einer unheilbaren degenerativen Hirnkrankheit gelitten hatte, schlief nach Angaben seiner Familie friedlich und ohne Schmerzen ein. Seinem Wunsch entsprechend wird Chillidas Asche auf dem Gelände seines Museums in Hernani beigesetzt.
Mehr Texte von Iris Meder †

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