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Philipp Schweiger - Neuland: Das Monumentale im Kleinformat

Gerade im Zeitalter gesteigerter MMS-Kommunikation und per e-Mail versandter Erinnerungsfotos zeigt sich, wie stark die Faszination der Ansichtskarte nach wie vor ist. Zwar erzählen deren Bilder von irgendeiner Ferne, von irgendeinem anderswo, doch suggerieren ihre zu Klischees zusammengeschrumpften Motive in verzerrten Farben eine Art beruhigenden Stillstand der Zeit. Ein wenig erinnern die Fotocollagen von Philipp Schweiger an diesen verführerisch vertrauten Bezug zum Bild im Grenzbereich von Nostalgie und Regression. Schweigers Thema sind Landschaften des alpinen Raums; auch sonst in seiner Malerei kommt er immer wieder darauf zurück. In seinen kleinformatigen, intim erscheinenden Fotocollagen greift Schweiger diverse Stereotypien der zum kommerzialisierten Sujet erstarrten Landschaftsdarstellung auf. Obligat dabei der stets blaue Himmel, selten fehlt Schnee auf den Bergkuppen und das saftige grün wird bisweilen kontrastiert von der unwirklichen, blauen Farbe irgendwelcher Seen. Oder es durchstreifen ein paar Wanderer die Höhen, geht es doch zugleich um die Eroberung der Landschaft; selbstverständlich auch per Autobahn und um deren Durchfahrbarkeit mit dem PKW. Doch je höher der Grad visueller Verführung, umso künstlicher das Bild. Beinahe so wie Caspar David Friedrich dereinst künstliche Realitäten durch Zusammenfügung von Samples aus dem Skizzenblock erschuf, entstehen Philipp Schweigers Landschaften im Zuge eines Verfahrens analoger Virtualität. Sie sind ans Absurde grenzende Konstruktionen aus präzise zusammengefügten Schnipseln, die aus alten Büchern, von Kalenderblättern oder Ansichtskartenaufnahmen stammen; viele offenbar aus den 1970er Jahren. Die Konstruktionen faszinieren, weil hier das Reale – etwa die Autobahn als endlos verzweigte Einlegearbeit – ins Überbordende getrieben wird. Und sie faszinieren natürlich auch, weil Handarbeit da auftaucht, wo andere längst digital generierte Operationen ausführen. Was Philipp Schweiger parallel zu skulpturaler Arbeit und zur Malerei als visuelle Studien begann, hat mittlerweile eigenständigen Werkcharakter gewonnen. Schweigers Präsentation mit dem Titel "Neuland" lädt ein, im intimen "roomnumberOne" der Galerie auszuharren. Nur gelegentlich scheint er zu weit gehen: Dann wenn beispielsweise seine Arbeit ironisch sein möchte: Wenn ein Stück Landschaft im virtuellen Glassturz auf einem Hubwagen aufgebahrt daher kommt. Macht nichts: Der Kern seiner Collagen ist stimmig. Und dass es im Werk Philipp Schweigers grundsätzlich um Analyse und zugleich um die Subversion von Architekturen und von Design geht, darauf verweisen die Installation „Whitechapel“, der Umriss einer Kirche aus weißen Fensterflügeln sowie ein Objekt: eine Le Corbusier Brille aus dem Gerüst zweier Thonet Stühle. Schweigers übergreifendes Prinzip besteht also aus der Auseinandersetzung mit architektonischen Strukturen verknüpft mit der Verschiebung von Dimension und Materialität.
Mehr Texte von Roland Schöny

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Philipp Schweiger - Neuland
04.02 - 19.03.2011

Mario Mauroner Contemporary Art Vienna
1010 Wien, Weihburgggasse 26
Tel: +43 1 904 2004
Email: office@galerie-mam.com
http://www.galerie-mam.com
Öffnungszeiten: Fr-Sa 11-15 h


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