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VIP Art Fair: Totale Transparenz der Kunstfans

Seit dem 22. Jänner ist sie im WWW geöffnet, die VIP Art Fair, die den weltweit boomenden Kunstmessen nun global Konkurrenz machen will. 137 Galerien haben ihre Daten auf die Server geladen und bieten zwischen acht und zwanzig Kunstwerke auf der Messeplattform an. Eigentlich eine gute Idee mag man sich denken, denn wer sich das Geld für den Sammlungsaufbau durch Arbeit verdienen muss, hat nicht immer die Zeit, um die halbe Welt zu fliegen, um die neuesten Trends in den Messekojen zwischen Los Angeles, London und Shanghai zu begutachten. Und VIP Art Fair klingt auch nach einer Ur-Idee des Internet, nämlich Information demoktratisch für alle zugänglich zu machen – im freien Netz ist endlich jeder ein VIP. „Get your coffee mugs ready“ hatte es in der Ankündigung kurz vor der „Messeeröffnung“ am 22. Jänner noch geheißen, anstatt der sonst messeüblichen Champagnerbuffets in den VIP-Lounges. Also www.vipartfair.com in die Adresszeile des Browsers getippt und schon ist man auf der Website und kann lossurfen – denkt man, kann man aber nicht, denn das Netz der Netze braucht Geschichte und zeichnet alles auf. Und was nicht aufgezeichnet wird, erfragen die Anbieter der diversen Websites – offiziell durch Registrierung, oder inoffiziell durch Cookies. So heißt es auch bei der VIP Art Fair zuerst einmal die Registrierung ausfüllen, um den Organisatoren und Galerien auch seine Daten frei Haus zur Verfügung zu stellen. Name, E-Mail Adresse, Alter und die Beziehung zur Kunst werden da abgefragt – gut man könnte lügen, aber schließlich hat man als lauterer Kunstkonsument ja nichts zu verbergen. Bestätigungsmail abwarten und schon ist man drin, in der Online-Messewelt der besten Galerien der Welt. Technisch spielt die Website auch wirklich alle Stückerln, die man sich als Viel-Surfer heutzutage erwartet. Die Verbindung von den Quadraten, die die einzelnen Messekojen symbolisieren zu den eigentlichen Ausstellungsseiten geht flott, die Zoomfunktion ist praktisch und die meisten Abbildungen ordentlich und in hoher Auflösung vorhanden. Witzig ist auch die zuschaltbare Funktion, die das ungefähre Verhältnis von Körpergröße zum eigentlichen Kunstwerk spiegelt. Bei Skulpturen gibt es teilweise kleine Videos, die einen Gang rund um das Kunstwerk zumindest erahnbar machen und Interviews mit KünstlerInnen erweitern den Horizont. Die bereits angeschauten Messekojen werden im System gespeichert und verhindern so eventuelle Umwege oder erleichtern das Auffinden seiner Lieblingswerke. Dass diese Daten natürlich personenbezogen ausgewertet werden können, muss man leider akzeptieren wenn man weitersurfen will, ebenso wie den Umstand, dass die jeweilige Galerie auch gleich die angegebene E-Mail Adresse geschickt bekommt, sobald man die vergrößerte Abbildung eines Kunstwerks anklickt. Da wird in den USA eine umfangreiche E-Mail Datenbank aufgebaut, jenseits aller Regelungen gegen unerwünschte Werbe-Mails, wie sie etwa in Europa üblich sind. Die Funktionen der Website sind für alle UserInnen gleichermaßen zugänglich, wer aber in den erlauchten Kreis der potentiellen KäuferInnen aufsteigen will, muss erst einmal den zweiten Teil der Eintrittsgebühr entrichten, und zwar in US-Dollar. Am ersten Wochenende waren dafür 100 US-Dollar fällig, für den Zugang zu Preisinformationen, Chat-Funktion und optionalem Lager mit weiteren Werken der Galerien. Ab heute, dem 24. Jänner ist es mit 20 US-Dollar (ca. 14 Euro) etwas günstiger. Dafür kann man dann auch mit den Galerien chatten, sich durch das Lager führen lassen und selbstverständlich auch kaufen. So weit der angesichts der Ankündigungen erwartbare technisch saubere Auftritt der neuen Kunstmesse. Nach einiger Surf-Zeit fühlt mach sich aber doch recht einsam vor dem Heim- oder Bürocomputer, denn was dieser Messe fehlt ist alles, was sonst so zum Kunst-Schauen und –Kaufen dazugehört. Keine zufälligen Begegnungen mit Gleichgesinnten in den Gängen, keine Gesprächsmöglichkeiten mit KünstlerInnen und vor allem nicht die Freude, unerwartet mit bisher ungesehener Kunst direkt konfrontiert zu werden, sie zu „beschnuppern“, beiläufig nach dem Preis zu fragen und vielleicht in ein wirklich anregendes Gespräch verwickelt zu werden. Alles an diesem Messeauftritt ist praktisch, glatt und macht zu sehr deutlich, worum es im internationalen Kunstbusiness (vor allem) geht: das Verkaufen. Und dass die künstliche Verknappung natürlich auch zur Preispolitik gehört, beweist der Umstand, dass die VIP Art Fair ihre Seiten am Sonntang den30. Jänner um 07:59 EST (also 13:59 mitteleuropäischer Zeit) schließen wird. Bis dahin seien den interessierten SurferInnen wenige „technical updates“ wie etwa in den Morgenstunden des 24. Jänner gewünscht.
Mehr Texte von Werner Rodlauer

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VIP Art Fair
22 - 30.01.2011

VIP Art Fair
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http://vipartfair.com/


Ihre Meinung

2 Postings in diesem Forum
Eine neue Website, sonst nichts
thurnhofer.cc | 24.01.2011 06:18 | antworten
Angesichts der banalen Tatsache, dass ein paar Galerien ihr Angebot gemeinsam auf einer Website präsentieren - was in den vergangenen 10 Jahren sicher 100.000 mal passiert ist, erstaunt mich die Medienlawine, die diese Sache ausgelöst hat. Reicht es wirklich, ein paar prominente Namen zu lancieren und das Ganze mit Exklusivität und VIP-Image zu würzen, dass das Banale nicht mehr als solches gesehen wird? Ich gratuliere den PR-Strategen der VIP-Messe. Hubert Thurnhofer
Messe
kerstin | 12.03.2011 09:27 | antworten
aber angesicht dieser achso neues Präsentation einer Messe, wurden erstaunliche Verkäufe getätigt

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